Gestatten, Kästner!

»Gestatten, Kästner!«
Eine Erich Kästner-Ausstellung des Literaturhauses München
noch bis 14. Februar 2016


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Ausstellungsplakat
© Literaturhaus München

»›Gestatten, Kästner‹, sagt der Spiegelmensch.
Mein rechtes Auge lächelt aus seiner linken Augenhöhle.«
(»Kästner über Kästner«)

Ob Lyriker, Dramatiker, Romancier, Journalist, Kritiker oder Kinderbuchautor – jeder Leser schätzt eine andere Seite des Schriftstellers Erich Kästner. Seine Beliebtheit zeigt sich an den anhaltend hohen Verkaufszahlen seiner Kinderbücher oder dem großen Publikumserfolg der Urfassung des »Fabian«, die Ende 2013 unter dem Titel »Der Gang vor die Hunde« erschien.

Das Literaturhaus München zeigt 2015 die erste große Ausstellung,
seitdem der Nachlass in Marbach vollständig erschlossen zur Verfügung steht und nicht zuletzt im Bereich der Fotosammlung beträchtlich gewachsen ist. In unveröffentlichten Manuskripten und weitgehend unbekannten Fragmenten lassen sich neue Facetten Kästners finden. Sie rücken den Autor stärker in den Kontext der Moderne, zeigen ihn aber auch zerrissener in den historischen Wogen, als bisher vermutet. In den wichtigen Stationen seines Lebens, den Großstädten Dresden, Leipzig, Berlin und München, zeigt sich neben dem multimedial agierenden Erfolgsautor ein Zweifler, der versucht, sich den Unsicherheiten der Moderne schreibend zu stellen.

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Erich Kästner als Schüler, 1907
© Deutsches Literaturarchiv Marbach
 Foto: Photograph. Anstalt Karsch Nachf.
Signatur DLA: D20130402-004

Als Erich Kästner 1899 in Dresden geboren wurde, wünschte sich seine Mutter für ihn nichts sehnlicher als den gesellschaftlichen Aufstieg. Eine Hoffnung, die der Sohn nach Kräften zu erfüllen suchte – zunächst mit dem Besuch des Lehrerseminars, ab Beginn der 20er Jahre dann mit einer Karriere als Redakteur und Schriftsteller in Leipzig.

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Erich Kästner, 1927
© Deutsches Literaturarchiv Marbach
Foto: Paul Beyer
Signatur:D20130122-002

Erich Kästner begann schon früh mit verschiedenen schriftstellerischen Identitäten zu experimentieren. Bereits unter seinen ersten journalistischen Arbeiten aus den frühen 1920er Jahren finden sich so, ganz nach dem Vorbild Tucholskys, auch unter Pseudonym verfasste Artikel.

Nach diesen ersten spielerischen Versuchen des Identitätswechsels begann Kästner, der ab 1927 in Berlin lebte, sich gezielt selbst in den Medien zu inszenieren. Frühe Radio- und Filmaufzeichnungen verdeutlichen, wie geschickt Kästner Ton und Bild nutzte, um den Erfolg von »Emil und die Detektive« voranzutreiben. Auch seine Lyrik vermarktete er auf innovativen Wegen. Anhand der Kästnerschen »Versfabrik« lässt sich zeigen, wie erfolgreich er mit seiner Sekretärin den Versand seiner Gedichte über Jahrzehnte hinweg organisierte.

»Unser Gast, meine Damen und Herren, ist gar kein Schöngeist…«
(»Kästner über Kästner«)


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Erich Kästner am Schreibtisch in der ersten eigenen Wohnung
in der Roscherstraße in Berlin, 1932
© Deutsches Literaturarchiv Marbach

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das, was als Spiel mit der eigenen Identität begonnen hatte, Teil der Überlebensstrategie. Der »verbrannte Autor« Kästner durfte ab 1933 nicht mehr unter seinem Namen veröffentlichen und musste auf die Pseudonyme seiner Freunde ausweichen.

An seinen quasi-autobiografischen »Briefen an mich selber« oder den Romanprojekten »Die Doppelgänger« und »Der Zauberlehrling« wird eine zunehmende Angst vor dem Selbstverlust deutlich. Die Stoffsammlungen und Fragmente machen erfahrbar, wie Kästner immer wieder an seinen Stoffen arbeitete, ohne dabei aber zu einem Ende zu gelangen. Gleichzeitig lassen sie erahnen, welch großartige Texte unvollendet blieben.

Zu den geplanten Projekten zählte auch der von ihm öffentlich angekündigte »Große Roman« über den Nationalsozialismus. Tagebuchaufzeichnungen sollten die Grundlage für diesen Roman bilden – der Schriftsteller, der mitunter als Chronist in Deutschland geblieben war, scheiterte jedoch an seinem Vorhaben. Stattdessen arbeitete Kästner mit all seiner Kraft als Feuilletonist, Kabarettist und Autor für die Jugend am Wiederaufbau mit.

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Erich Kästner, München 1958,
Fotograf: Hans K.A. Clausen
 © Deutsches Literaturarchiv Marbach
Signatur: D20150422-301

Ende der 1950er Jahre war Erich Kästner ein Autor von Weltruhm
und galt in München als eine bedeutende Persönlichkeit des literarischen Lebens. Die schriftstellerische Virtuosität der frühen Berliner Jahre erreichte er jedoch nicht mehr. Neben der Veröffentlichung seiner gesammelten Werke und unterschiedlicher Anthologien fiel es Kästner schwer, neue Romane zu schreiben. In seinen sorgfältig konzipierten Kindheitserinnerungen »Als ich ein kleiner Junge war« literarisierte er jedoch noch einmal seine eigene Geschichte.

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Eine Ausstellung des Literaturhauses München

Kuratorium:
Leitung: Reinhard G. Wittmann
Kuratorinnen: Karolina Kühn & Laura Mokrohs
Assistenz: Julia Vrooman
Gestaltung: unodue{ münchen

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Kästner für Kinder

Natürlich spielt in der Ausstellung auch der Kinderbuchautor Erich Kästner eine wichtige Rolle - auf eine Art, die Kästner selbst gefallen hätte! Kinder sind also nicht nur erlaubt, sie sind ausdrücklich erwünscht, und sie werden einiges zu tun haben: vor allem mit »Erichs Kästnerrätsel«, das einiges an Spürsinn erfordert. Außerdem gibt es unter dem Titel »Parole Emil!« detektivische Theater-Workshops am Wochenende. Und dann, ab November, gibt es tolle Lesungen mit viel Musik - alles weitere demnächst an dieser Stelle und unter www.literaturhaus-muenchen.de

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Ausstellungs-Begleitprogramm
im Oktober & November:

Sonntag, 25.10.2015, 14-17 Uhr, Bibliothek

Kästner für Kinder: »Parole Emil!«

Ein detektivischer Theaterworkshop für Kinder von 8 bis 12 Jahren

Leitung: Xenia Bühler

Gebühr: Euro 5.-

A U S V E R K A U F T !!!

+++ weitere Termine: Sa 21.11., Sa 28.11. & Sa 19.12.2015 +++

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Sonntag, 15.11.2015, 15 Uhr, Bibliothek

Kästner für Kinder: »Pünktchen und Anton«

Live-Hörspiel-Abenteuer für Kinder ab 7 Jahren & Erwachsene

mit Sebastian Hofmüller & Greulix Schrank

Eintritt: Euro 9.- / 5.-

Online-Kartenkauf

+++ Dauer: ca. 70 Minuten ohne Pause +++ Am Sonntag, 31.1., sind Sebastian Hofmüller & Greulix Schrank noch einmal zu Gast und lesen und spielen »Emil und die Detektive« +++

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Sonntag, 22.11.2015, 11.30 Uhr, Saal

Ab 10 Uhr Kleines Frühstück im Foyer

Kästner am Sonntag: »Als ich ein kleiner Junge war«

Matinee mit Walter Sittler

Eintritt: Euro 10.- / 7.- (Frühstück extra)

Online-Kartenkauf

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Sonntag, 29.11.2015, 15 Uhr, Bibliothek

Kästner für Kinder: »Das Doppelte Lottchen«

Anna Riedl liest Kästner für Kinder ab 7 Jahren & Erwachsene

Eintritt: Euro 9.- / 5.-

Online-Kartenkauf

+++ Dauer: ca. 70 Minuten ohne Pause +++

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