20. Coburg Neujahrskonzert 2007

„Plappermäulchen“ und vieles mehr…
Ehrenprotektorat für Kammersängerin Prof. Ingeborg Hallstein
Hubert Köhler wurde von der Stadt und dem Landkreis Coburg ausgezeichnet
20. Coburger Neujahrskonzert am 6. Januar 2007 im Kongresshaus Rosengarten

 
2007 © Ulrich Göpfert

Coburg
Das Coburger Neujahrskonzert feierte in diesem Jahr sein 20jähriges Jubiläum. Es ist zu einem festen Bestandteil im Jahreslauf beim Konzertpublikum geworden und aus dem Terminkalender nicht mehr wegzudenken. Es erfreut sich bereits seit zwei Jahrzehnten großer Beliebtheit bei den Coburgern und seinen Gästen, die wieder aus nah und fern zu diesem Traditionskonzert in das Kongresshaus Rosengarten gekommen waren.

Auf dem Programm des Neujahrskonzertes 2007 standen natürlich in erster Linie Kompositionen von den „Sträussen“, aber auch von Luigi Arditi und Robert Stolz. Im gesanglichen Teil des Konzertes brillierte die in Island geborene Gesangssolistin Gudrun Ingimars. Mit dem „Alt-Wiener-Strauss-Ensemble“ unter der Leitung von Ralph Kulling wurde das „Neue Jahr“ wieder einmal schwungvoll eingeleitet. Dr. Eduard Strauss (Urenkel von Eduard Strauss und Ururenkel von Johann Strauss Vater) aus Wien führte wieder mit sachkundigen und launigen Worten durch das Programm. Grüße der Stadt Coburg überbrachte Bürgermeister und Kulturreferent Norbert Tessmer.

 
2007 © Ulrich Göpfert

Zum 180. Geburtstag von Josef Strauss
Und weil wir gerade bei den Jubiläen sind, seinen 180. Geburtstag kann auch einer der „Sträusse“, Josef Strauss, feiern. Er wurde am 20. August 1827 in Mariahilf, heute ein Stadtteil von Wien, geboren. Josef Strauß war ein Sohn vo Johann Strauß (Vater) sowie Bruder von Johann Strauß (Sohn) und Eduard Strauß . Er strebte aber keine musikalische Karriere an, sondern absolvierte zunächst ein Studium am Wiener Polytechnikum (heute Technische Universität Wien ), arbeitete als Bauleiter bei der Errichtung eines Wehrs in Trumau, Niederösterreich , und konstruierte eine Straßenkehrmaschine. Als jedoch Johann Strauß Sohn im Spätherbst 1852 von einer Konzertreise völlig erschöpft zurückkehrte, musste Josef im folgenden Jahr als Kapellmeister der Strauß-Kapelle einspringen. Damals komponierte er sein erstes Werk, den Walzer "Die Ersten und Letzten". In den folgenden Jahren vertrat er zunehmend seinen Bruder Johann in dessen Abwesenheit als Kapellmeister. Er nahm Unterricht in Kompositionslehre und lernte Violine spielen. Nachdem er auf einer Konzertreise in Warschau bewusstlos zusammengebrochen war, starb Josef Strauß kurze Zeit später am 21. Juli 1870 in Wien. Grabstelle Zentralfriedhof Wien. Josef Strauß komponierte Walzer, darunter "Die Ersten und die Letzten", "Sphärenklänge", "Delirienwalzer", "Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust" und "Dorfschwalben aus Österreich ", Polkas wie etwa die "Moulinet Polka" (erstmals aufgeführt am 25. Juli 1858 in Ungers Casino) oder die "Pizzicato-Polka" (zusammen mit Bruder Johann), Quadrillen und andere Tanzmusik. Seine Operette "Frühlingsluft" (Text von Karl Lindau und Julius Wilhelm) wurde 1903 uraufgeführt. Seine Kompositionen haben einen im Vergleich zu den Werken seiner Brüder etwas schwermütigeren Charakter.

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2007 © Ulrich Göpfert

Das Konzert des Alt-Wiener-Strauss-Ensembles unter Ralph Kulling wurde mit der Ouvertüre zur Operette „Prinz Methusalem“ eröffnet. Das war die fünfte Operette von Johann Strauss Sohn und wurde am 3. Januar 1877 im Carltheater in Wien uraufgeführt. Wie Dr. Eduard Strauss dazu ausführte: Die Presse urteilte unterschiedlich. Das „Illustrierte Wiener Extrablatt“ schrieb zum Beispiel über die Premiere: „Der Wiener Kompositeur par excellence......wollte Offenbach der Zweite werden, aber er blieb Strauss der Erste. So sehr er es auch wollte, er konnte seine künstlerische Individualität nicht verleugnen.“

Im Anschluss folgte Josef Strauss: „Plappermäulchen“, Polka schnell op. 245. Diese Schnellpolka „Plappermäulchen“ trägt den Untertitel „musikalischer Scherz". Der Komponist Josef Strauss mag dabei an seine damals 10-jährige Tochter Karoline gedacht haben, der er den Spitznamen „Plaudertascherl“ also „Plappermäulchen“ gegeben hatte.

 
2007 © Ulrich Göpfert

Danach erklang von Johann Strauss Sohn: „Spiel ich die Unschuld vom Lande“ aus der Operette „Die Fledermaus“. Nachdem die im Programmheft angekündigte Litauerin Irena Bespalovaite wegen Überbelastung in Hamburg leider eine Stimmbandentzündung hatte und 3 Wochen nicht singen darf, begrüßte Dr. Eduard Strauss, nicht minder herzlich, die Gesangssolistin die in Island geborene Gudrun Ingimars. Sie sang die Arie „Spiel ich die Unschuld vom Lande“. Als Johann Strauss Sohn am Abend des 5. April1874 am Pult des Theaters an der Wien erschien und das Zeichen zum Beginn der schwungvollen Ouvertüre zu seiner dritten Operette, „Die Fledermaus“ gab, war das Haus dicht gefüllt, und das Publikum, das Strauss schon mit stürmischem Applaus empfangen hatte, begann mit den Ovationen bereits während der Ouvertüre, beim Erklingen des ersten Walzermotivs. Die Operette erlebte auch nach der Premiere immerhin 49 weitere Aufführungen en suite.

 
2007 © Ulrich Göpfert

Weitere Konzertstücke waren von Josef Strauss: „Die Naßwalderin“. Ein Ländler im Tempo der Polka Mazurka, op. 267. Dr. Eduard Strauss ließ es sich danach nicht nehmen, bei der „Attaque Quadrille“ op. 76 von Johann Strauss Sohn, als Tanzmeister kommandohaft die „Touren“, die die einzelnen Teile ankündigte was zu tanzen war, den „Tänzern“ zuzurufen. Mit seiner „Attaque Quadrille“ aus dem Jahr 1850 wollte sich Johann Strauss Sohn offenbar bei Hof beliebt machen. Im dritten Teil (Poule) zitiert er das Hornsignal der k. k. österreichischen Armee für den „Generalmarsch“.

Mit dem Kusswalzer von Luigi Arditi „Il bacio“ ging es weiter im Programm. Der Italiener Luigi Arditi (22.7.1822 – 1.5.1903) wirkte im 19. Jahrhundert als Theaterkapellmeister an italienischen aber auch anderen Bühnen in aller Welt ( Havanna , New York , Konstantinopel , London Wien und Sankt Petersburg ), ließ sich aber schließlich in London dauerhaft nieder. Von seinen Kompositionen hat sich vor allem der Gesangswalzer „Il bacio“ („Kusswalzer“) bis in unsere Zeit gehalten. Die Idee, Tänze zu "singen", dürfte zwar nicht von ihm stammen, er hat sie aber im 19. Jahrhundert durch seine Kompositionen so populär gemacht, dass er damit zu einer Art Urvater der Tanzoperette und des Musicals wurde. Dieser Gesangswalzer wurde dargeboten von der Sopranistin Gudrun Ingimars begleitete vom Alt Wiener Strauss Ensemble unter Ralph Kulling.

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2007 © Ulrich Göpfert

Als letztes Stück vor der Pause war der „Accellerationen Walzer“ op. 234 von Johann Strauss Sohn zu hören. Der am 14.2.1860 uraufgeführte, den Studenten der Technik gewidmete Walzer „Accellerationen“ von Johann Strauss Sohn, ist eine jener Kompositionen, in denen sich die Brüder Strauss mit der rasanten technischen Entwicklung des 19. Jahrhunderts auseinandersetzten.

  
Die Aufnahme zeigt v.l.n.r.: Albrecht Tauer, Leiter des Kulturamtes der Stadt Coburg, Bürgermeister und Kulturreferent
Norbert Tessmer, Landrat Karl Zeitler, Prof. Ingeborg Hallstein, Ralph Braun, Vorsitzender Deutsche Johann-Strauss-Gesellschaft
2007 © Ulrich Göpfert

Nach der Pause wurde Kammersängerin Prof. Ingeborg Hallstein für ihr Lebenswerk und als Jurorin beim Girardi-Gesangs-Wettbewerb durch Ralph Braun, Vorsitzender der Deutschen Johann-Strauss-Gesellschaft mit dem Ehrenprotektorat ausgezeichnet.

 
Das Foto zeigt v.l.n.r.: Albrecht Tauer, Bürgermeister Norbert Tessmer, Landrat Karl Zeitler und Hubert Köhler
2007 © Ulrich Göpfert

Eine weitere Ehrung konnte Hubert Köhler aus der Hand von Bürgermeister Norbert Tessmer und Landrat Karl Zeitler in Form der Plakette in Bronze der Stadt Coburg und den Silbertaler des Landkreises Coburg entgegennehmen. Seit 20 Jahren engagiert er sich bei der Vorbereitung der Neujahrskonzerte und Ausarbeitung des Rahmenprogramms für die Johann-Strauss-Gesellschaft und bereitet die Johann-Strauss-Festivals mit vor. Seine Frau Vroni erhielt einen Blumenstrauß als „kleines Dankeschön“ dafür, dass sie unzählige Stunden ohne ihren Ehemann verbringen musste.

Nach diesen Ehrungen ging es weiter im Konzertprogramm mit Josef Strauss „Ball–Silhouetten“, Walzer, op. 30., gefolgt von „Vergiß mein nicht“ Polka mazur op.2, ebenfalls komponiert von Josef Strauss. Am 20. August 1827 wurde Josef Strauss in Mariahilf, heute eine Stadtteil der Stadt Wien, geboren. In diesem Jahr wird deshalb an seinem 180. Geburtstag mit den verschiedensten Veranstaltungen erinnert. Wenn Sie Lust bekommen haben, sich mit Josef Strauss näher zu befassen, dann lade ich (Dr. Eduard Strauss) Sie ein, vom 13. bis 16. März nach Wien zu den „Tanz-Signalen 2007“ zu kommen, Die „Tanz-Signale“ werden seit 2004 alljährlich rund um den 14. März, den Geburtstag des Dynastiegründers Johann Strauss Vater als Festival der Wiener Tanzmusik des 19. Jahrhunderts von WISF veranstaltet. Und 2007 werden wir uns anlässlich der 180. Wiederkehr seines Geburtstages intensiv mit dem genialen Josef Strauss beschäftigen. Es wird musikalische Leckerbissen darunter ein Konzert des Wiener Oktetts, einer Formation der WPH im Radiokulturhaus und ein interessantes Symposium im Wiener Rathaus geben. Detailinformationen unter: www.johann-strauss.at

 
2007 © Ulrich Göpfert

Unvergessen ist auch der Komponist Robert Stolz. Mit „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ aus seiner Operette „Der Favorit“ - vorgetragen von der Sopranistin Gudrun Ingimars - fand das Konzert seine Fortsetzung. Von Strauss zu Robert Stolz ist es kein so großer Schritt wie man vermeinen möchte. Robert Stolz kann als letzter Vertreter des Genres der Wiener Operette bezeichnet werden, war zeitlebens den „Sträussen“ sehr verbunden und ein hervorragender Interpret ihrer Musik. Seine Operette „Der Favorit“ war so ziemlich das einzige Werk des Meisters, das bei seiner Uraufführung am 7. April 1916 in Berlin durchfiel. Ein Lied jedoch hat sich durchgesetzt und bis heute erhalten: '“Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“.

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2007 © Ulrich Göpfert

Die danach gehörte Polka schnell „Wo man lacht und lebt“, das Opus 108 vom Urgroßvater des Moderators, Eduard Strauss l., wurde am 31. Januar 1873 im Volksgarten in Wien uraufgeführt. Eduard Strauss wird oft und mit Recht der Meister der Schnellpolka genannt.

Es folgte die Polka francaise „Im Pawlowsk-Walde“, dort uraufgeführt am 6. September 1869. Johann Strauss Sohn war von 1856 bis 1865 in der Sommersaison in Pawlowsk bei St. Petersburg und im Sommer 1869 nochmals gemeinsam mit seinem Bruder Josef und dann nochmals alleine im Sommer 1886. Bei der Erstaufführung in Wien am 24. Juni 1870 hieß das Werk freilich „Im Krapfenwald’l“, benannt nach einer beliebten Gaststätte im Wienerwald am östlichen Abhang des Cobenzl.

 
Bei diesem Gesangsvortrag waren auch die schauspielerischen Fähigkeiten von Dr. Eduard Strauss in der Rolle als
Herr von Eisenstein gefragt und dies erledigte er gekonnt mit seinem Wiener-Charme
2007 © Ulrich Göpfert

Mit der köstlichen Gesangsnummer “Mein Herr Marquis“ aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss Sohn, vorgetragen von der Sopranistin Gudrun Ingimars verabschiedete sich die Sopranistin aus dem offiziellen Programm. In diesem Lied bringt sie als Stubenmädchen Adele ihren Herrn von Eisenstein vor der versammelten Ballgesellschaft des Prinzen Orlovsky in Bedrängnis und macht ihn lächerlich.

Wie Dr. Eduard Strauss in seiner Moderation weiter ausführte: Für die Wiener Künstlervereinigung „Hesperus“, der alle drei Brüder Strauss, also auch Josef und Eduard, angehörten, schrieb Johann Sohn den Walzer „Künstlerleben“, op. 316. Das „Alt-Wiener Strauss-Ensemble“ unter Ralph Kulling bot diesen Walzer als offiziellen Programmabschluss dar. Das Werk zählt wohl zu den berühmtesten Walzern von Johann Strauss Sohn und stammt aus dem Jahr 1867. Dieses Jahr war eines der fruchtbarsten, auch im künstlerischen Wettstreit der Brüder Strauss. Man bedenke, am 22. Jänner wurde zum Beispiel Josefs „Delirien-Walzer“ uraufgeführt, am 15. Februar Johanns Walzer „An der schönen blauen Donau“ als op. 314 und nur drei Tage später eben sein Walzer "Künstlerleben". Damit war der offizielle Teil des Coburger Neujahrskonzertes beendet.

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Doch die Gesangssolistin und die Musiker wurden erst nach den Zugaben: „Schwipswalzer“ aus der Operette „Die Fledermaus“, dem Radetzky-Marsch, der natürlich bei keinem Neujahrskonzert fehlen darf, von der Bühne mit stehenden Ovationen verabschiedet. Doch erst mit der Polka schnell „Auf und davon“ von Johann Strauss war die Veranstaltung endgültig zu Ende.

Quellenhinweis: „Aus der Moderation von Dr. Eduard Strauss“

 

Weitere Impressionen vom 20. Coburger Neujahrskonzert

 
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Arthur Kulling und Gattin hören dem Konzert ihres Sohnes Ralph mit großer Aufmerksamkeit zu
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Frau Kammersängerin Prof. Ingeborg Hallstein stellte sich
freundlicherweise für ein Foto zur Verfügung
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