Die Querkelfelsen bei Schloss Hohenstein

Die Querkelfelsen bei Schloss Hohenstein
Eine Sage aus dem Coburger Land


Foto: 2015 © Ulrich Göpfert

Sagen, Erzählungen und Legenden sind nach wie vor ein wesentlicher Bestandteil unseres Kulturgutes. Im Gegensatz zu Märchen hat die Sage einen realen, historischen Kern, sie knüpft an Tatsachen an, die durch die Phantasie des Nacherzählers ergänzt, umgestaltet und umgedeutet werden. Gestalten und Motive von Märchen werden dabei mit einbezogen, wie etwa wunderbare Verwandlungen, Wirken von Zauberkräften, Erscheinen von Kobolden, Zwergen und seltsamen Geschöpfen.

Die Sage bemüht sich immer um die Erhaltung der lokalen und historischen Gebundenheit, lässt Bräuche und Begebenheiten der Entstehungsgegend ineinander fließen, gibt aber auch hier und dort dem Aberglauben Raum.

Allen Menschen ist von je her die Heimatliebe eigen, dass innige Zusammenleben mit Brunnen, Bächen, Wäldern und Weiden, Höhen und Höhlen, Burgen und Kirchen. Daraus erwuchs durch die Jahrhunderte eine tiefe Verwurzelung, aus der immer wieder neue Lebenskraft strömt.

Der heutige Landkreis Coburg ist gebietsmäßig nahezu identisch mit dem ehemaligen Herzogtum Coburg. Die angrenzenden Gebiete im Norden und Osten bilden das Nachbarland Thüringen, zu dem enge wirtschaftliche und familiäre Bindungen bestehen. Naturgemäß kam die Bevölkerung auch mit den Erzählungen und der Sagenwelt des thüringischen, ehemals herzoglichen-meiningischen Gebietes, in Berührung.


Foto: 2015 © Ulrich Göpfert

Die Querkelfelsen bei Schloss Hohenstein
Mitten in dem Berg, auf dem heute das schöne Schloss Hohenstein steht, lag ehemals Gold und Silber verborgen. Mehr als ein Schock Querkel, lauter kleine Männlein, hatten einen Stollen in den Berg getrieben und werkelten Tag und Nacht, den Schatz zu heben.


Foto: 2015 © Ulrich Göpfert

Mit den Bauern aus dem nahe gelegenen Dorf Stöppach pflegten die Querkel gute Freundschaft. Sie halfen in den kalten Wintertagen beim Dreschen. Da ging die Arbeit flott voran und die Bauersfrau trug Brot und Geräuchertes zum Vesper auf. Die Querkel brachten dann und wann manche Golddukaten mit oder schenkten den Kindern glitzernde Steinchen.


Foto: 2015 © Ulrich Göpfert

In die Häuser armer Leute kamen sie und halfen im Sommer bei der Ernte mit oder putzten die Kühe im Stall. Bald war im Dorf der Wohlstand eingekehrt. Einmal hatte eine Bauersfrau vergessen, den Querkeln das Abendbrot zu richten. Als die Arbeit beendet war, sprangen die Querkel in die Küche, um den Vesperschmaus zu holen. Da nichts auf dem Tisch stand, öffneten sie die Vorratstruhe und nahmen sich Brot und Fleisch, jeder ein winziges Stücklein zum Essen.


Foto: 2015 © Ulrich Göpfert

Gerade als sich der Letzte über den Truhenrand beugte, kam der Bauer zur Tür herein. Weil er aber geizig und habgierig war, glaubte er, die Querkel hätten sich mehr genommen, als ihnen zustand. Er ergrimmte gewaltig, holte seinen Ochsenziemer und schlug auf die kleinen Männlein unbarmherzig ein. In ihrer Not sprangen sie durch Tür und Fenster, heulten, jammerten und flohen dem Hohenstein zu.

Nachts, als alle Bauern schliefen, machten sich die Querkel daran und warfen riesige Steinblöcke den Hang hinunter, luden ihre Schätze und den Hausrat auf die Wägelchen und machten sich auf und davon.


Foto: 2015 © Ulrich Göpfert

Am nächsten Tag warteten die Bauern von Stöppach vergeblich auf ihre Helfer. Als sie nach dem Berg liefen, um Ausschau zu halten, da sahen sie, dass die Felsen, die vorher den Berg gekrönt hatten, jetzt am Fuße des Berges lagen. Ein Glück, dass die Kraft der Querkel nicht ausgereicht hatte, sie noch weiter zu schleudern.

Von Stund an ging es mit dem Wohlstand im Dorf zurück, und bald war Stöppach von den Nachbargemeinden nicht mehr zu unterscheiden. Die Steine am Bergeshang nennt man heute noch die Querkelsteine.

Quellenhinweis: Andreas Stubenrauch

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