Die Trompete

Die Trompete
Eine Weihnachtsgeschichte

 
Foto: 2012 © Ulrich Göpfert

Als ich drei Jahre alt war, wünschte ich mir vom Christkind eine Trompete. Das war mein größter Wunsch, und da ich diesen wunderbaren ersten Kinderjahren nichts unmöglich schien, glaubte ich auch fest an dessen Erfüllung.

Eine Trompete musste es unbedingt sein! Eine mit goldenen Knöpfen, auf die man drücken musste, damit die Lieder herauskamen, wenn man in die Trompete blies. So hatte ich es bei Alfred gesehen, wenn er im Dorfkrug Musik machte, und so wollte ich es auch tun.

Meine Eltern waren leicht bestürzt über diesen „musikalischen“ Wunsch, denn es war Inflation in Deutschland, aber ich wusste ja nicht, was das bedeute. Wir schrieben das Jahr 1923.

 
Foto: 2012 © Ulrich Göpfert

Auf dem Gabentisch am Heiligen Abend lagen Plätzchen, selbst gestrickte Handschuhe und Strümpfe, ein neues Kleidchen für meine Puppe, ein Hexenhäuschen und ein Bilderbuch, das vorher meinem Bruder gehört hatte, aber – nein – keine Trompete, keine Trompete! Meine Mutter tröstete mich und meinte, das Christkind habe vielleicht gedacht, ich sei noch etwas klein und im nächsten Jahr würde es sicher eine goldene Trompete geben.

Ins Kinderbuch aber hatte meine Mutter geschrieben: „Ihre ganze Sehnsucht ist eine Trompete, womit sie immer auf das Christkind und das Weihnachtsfest vertröstet wird. Nach Erkundigung in der Stadt kostet aber jetzt ein einfaches Ding, das in drei Tagen kaputt ist, 40 Millionen. Und das will der Vater denn doch nicht aufwenden.“

Quellenhinweis. Susanne Auffahrt

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