Streitigkeiten um Leichname

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Sagen und Erzählungen aus dem Coburger Land

 

Die Grundherren des Dorfes Niederfüllbach, die Ritter von Schaumberg, wurden um 1350 Vasallen des Bischofs von Bamberg. Der Ort lag bis 1803 innerhalb der Grenzen des Herzogtums Sachsen-Coburg und war zugleich gegen Bamberg lehenspflichtig. Aus dieser Lage ergaben sich verschiedene Streitigkeiten.

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Ehemalige Mühle im Itzgrund
Foto: © Ulrich Göpfert

Im Jahr 1763
war der Schuster Otto bei Triebsdorf in die Itz gefallen und ertrunken. Seine Leiche wurde in der Itz bei der Geizemühle in Niederfüllbach gefunden. Da wurde von den Behörden in Coburg angeordnet: dass ein Kommando Miliz nebst zwei Kompanien Stadtmiliz zur Bedeckung der vorhabenden gerichtlichen Aufhebung des Kadavers abgehen und bis gegen Abend am Ort bleiben soll. Sollte man den Leichnam nicht finden, so soll das Kommando nach Coburg zurück und in Creidlitz nur wenige Soldaten bleiben, damit vom Zentamt nichts unternommen werden könne.

Der Schaumbergische Verwalter Motschmann und der herrschaftliche Jäger Unger mit 14 Niederfüllbacher Männern, unter ihnen zwei Zimmerleute mit Äxten über den Schultern und etliche mit Gewehren, hatten beim Straßenwirtshaus "Filzlaus" Posten bezogen. Die Brücke zur Geizemühle wurde von ihnen gesperrt. Ein Fuhrwerk mit Gras und von zwei Ochsen gezogen, stand auf der Brücke.

Als das Kommando aus Coburg ankam, gab es zuerst ein heftiges Wortgefecht und dann Tätlichkeiten mit blutigem Ausgang. Inzwischen hatte man den Leichnam gefunden und auf einen Sandhügel bei der Mühle abgelegt. Eine neue Hauerei begann. Da zog der Geizemüller die Schützen des Wehres, so dass das Wasser den Leichnam wieder mitfortriss.

Der Häuslesträger und seine Frau aus Coburg fischten die Leiche wieder aus der Itz und legten sie jetzt auf zwei schwache Bretter. Kaum auf dem Trockenen, da rutschte sie wieder ab und kam nochmals ins Wasser. Zum dritten Mal konnte man den Toten bergen. Damit er nicht wieder ins Wasser rutschte, verlangte der Häuslesträger vom Geizemüller einen langen Haken zum Festhalten. Der Müller gab an, der Haken sei vorne in der Filzlaus. Bis der Coburger Mann vom Wirtshaus zurückkam, war die Leiche neuerdings verschwunden. Die Coburger, die den Toten holen wollten, hatten das Nachsehen.

1687
geriet ein Fuhrmann aus dem Amt Gehren zwischen Meschenbach und Niederfüllbach in die übergetretene Itz. Fuhrmann, Knecht, zwei Pferde mitsamt dem Karren und 12 Zentner Hirse waren in den Fluten verschwunden.

Als die Kunde von dem Unglück nach Coburg gelangt war, sandte man ein Kommando nach Meschenbach, das eifrig suchen musste, um die Leichen nicht den Lichtenfelsern in die Hände kommen zu lassen. Am nächsten Morgen fischten in Kähnen und auf Flößen eifrigst sowohl Coburger als auch Lichtenfelser Mannschaften, einander ängstlich meidend, auf den überschwemmten Wiesen. Beide suchten umsonst. Die Leichen konnten nicht geborgen werden.

Lichtenfels beschwerte sich 1713 wie folgt:
"Es ist mir gestern spät abends die Anzeige geschehen, wie bei dem Wirtshause "Filzlaus", unweit der Geizemühle unter dem Dorf Füllbach in Bamberger-Lichtenfelser centbarer Jurisdiction ein totes Kind gefunden wurde. Nachdem ich nun solches abholen und hiehero bringen lassen wollte, habe ich vernehmen müssen, wie unbefugter Weise mein Hochgeehrter Herr Nachbar (von Schaumberg) dieses totgefundene Kind durch den Fürstlich sächsischen Centschreiber und Coburger Untertanen mit Stangen habe schon hinweggenommen gehabt, wodurch meines Gnädigsten Herren Fürsten von Bamberg wohlhergebrachte Jurisdiction violieret worden."

Quellenhinweis: August Wippenbeck