Entstehung der Hindenburg- und Paschendaele-Kasernen

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Die Neubauten erfolgten auf ehemaliger Dörfleser Flur

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Eine alte Aufnahme von einem Teil der Paschendaele-Kaserne in Dörfles
Repro: Archiv Ulrich Göpfert

Für die Gemeinde Dörfles hatte die Maßnahme im Dritten Reich - Kasernenbauten - auf der Dörfleser Flur zu errichten eine große Bedeutung. Die Dörfleser Gemeindegrenze ging früher bis an die Bundesstraße 4 Coburg – Unterlauter und noch etwas darüber hinaus. Nachdem in Coburg in der Neustadter Straße im Jahre 1931 schon Kasernenbauten entstanden waren, plante man neue Kasernen auf Höhe des Ulmann`schen Feldes. Man benötigte zuerst ungefähr 20 ha. In wieweit der Besitzer freiwillig Gelände hergab oder durch Druck dazu gezwungen wurde, konnte nicht festgestellt werden. Auf jeden Fall stand fest, dass Ulmann sonst unter keinen Umständen Feld verkaufte. Die Kasernen wurden gebaut und das MG-Bataillon 6, aus Bamberg stammend, bezog dieselben.

Getauft wurde die Kaserne „Hindenburg-Kaserne“
Beim Einzug des Bataillons wurde es, als es ankam, vollmotorisiert auf dem Coburger Anger von dem damaligen Kreisleiter und Bürgermeister begrüßt, ehe es in die Kaserne einrückte. Kurz darauf hörte man, dass oben auf der Höhe noch mehr Kasernen entstehen sollten. Es sollte das ganze 95er Regiment mit allen Nebenformationen in Coburg stationiert werden. Weitere 20 ha wurden für diese Kasernenbauten benötigt. Der Bau begann und ging zügig voran. Man sah, dass Ställe gebaut wurden, eine große Reitanlage entstand, ein Reitplatz inmitten der Kasernen ein riesiger Kasernenplatz mit festem Untergrund, für den Regimentsstab ein großes Verwaltungsgebäude und zwei Wirtschaftsgebäude, dazu noch eine große Sporthalle.

Im Jahre 1938 waren alle Gebäude bezugsfertig. Der ganze Komplex erhielt den Namen Paschendaele-Kaserne. Genannt nach einem Ort in Flandern, wo einst das alte 95erRegiment im ersten Weltkrieg schwer geblutet hatte. Zu den Fußtruppen des Regiments gehörten eine Artillerie-Abteilung mit vier Pferdebespannungen, weiter eine Pak-Abteilung, mit zwei Pferden bespannt, sowie ein Reiterzug. Es waren zusammen wohl 100 Pferde, die in den neuen Ställen untergebracht waren. Dazu kamen noch Funker, Telegrafisten, Pioniere usw., also das komplette Regiment.

Während des Baues der Kasernen waren die Dörfleser Einwohner viel da oben, um sich alles mit anzusehen. Die ersten Kasernen erhielten Betondächer. Später kam man wieder davon ab und baute normale Dächer, aus welchem Grund konnte nicht festgestellt werden. Im Jahre 1938 rückte das Regiment in die neuen Kasernen ein. Jetzt gab es ein reges Leben in und um Dörfles. Fast jeden Tag sah man das Militär auf den Wiesen üben und viele Gefechtsübungen fanden in Dörfles statt. In Rögen wurde eine neue Schießanlage gebaut und auf dem Lauterberg entstand der große Exerzierplatz.

Um auf die Straße nach Dörfles-Unterlauter zu kommen, musste die Straße nach der Kaserne neu gebaut werden. Geld spielte zu dieser Zeit augenscheinlich keine Rolle. Dörfles hatte durch die Kasernenbauten eine gute Einnahmequelle, nicht nur, dass beim Bauen viele Einwohner Beschäftigung fanden, auch die Steuereinnahmen wie Grundsteuer und Getränkesteuer flossen in die Dörfleser Gemeindekasse, und die waren nicht gering. Damals verfügte die Gemeinde über 40.000 Mark Barkapital. Dies war für einen Ort dieser Größe viel Geld.

Mit der Eingemeindung der Kasernen in die Stadt Coburg hatte man es deshalb vorerst gar nicht so eilig. Daß die Kasernen nicht bei Dörfles bleiben sollten, lag ja auf der Hand. Aber man wollte zu gleicher Zeit ja noch weiter greifen. In einer Sitzung des Dörfleser Gemeinderates war es der damalige Kreisleiter Greim, der seinen Plan bekannt gab: eingemeindet werden sollten Ahorn, Wüstenahorn, Seidmannsdorf, Ketschendorf, Neuses, Bertelsdorf, Dörfles mit Esbach, der Weg Neuses – Bertelsdorf – Esbach über den Schleifer bis an den Bausenberg und bis hinunter nach Rögen – Lützelbuch – Seidmannsdorf.

Wohl wurden von Seiten der Gemeinde Einwände vorgebracht, besonders der Dachdeckermeister Schlund aus Seidmannsdorf wehrte sich stark dagegen. Aber wer konnte sich ernstlich gegen diesen gigantischen Plan stemmen? Es hieß damals, wie der Kreisleiter wörtlich sagte: „Meine Herren, es ist eine Notwendigkeit, diesen Plan zur Durchführung zu bringen. Ihr seid alle Gefolgsmänner unseres Führers, und ich erwarte von euch, dass kein einziger Einwendungen dagegen erhebt, sonst müsste ich euch eures Postens entheben“! Es ist nicht so weit gekommen. Die Eingemeindung der Hindenburg-Kaserne nach Coburg wurde während des Krieges entschädigungslos vorgenommen. Dabei blieb es.

Ein weiterer Plan der damaligen Heeresverwaltung sah noch weiteres in Dörfles vor
Die Grundstücke von Dörfles, die auch dem Landwirt Ulmann gehörten, vom Ausgang des Dorfes nach Coburg rechts der Straße sollten mit Bauten des Verpflegungsamtes belegt werden. Das Feld war bereits abgesteckt. Im letzten Moment kam man davon ab und baute das Verpflegungsamt nach Neuses (heute BayWa), angeblich wegen der zu großen Ballung der vielen Gebäude. Weiter war ein großer Bahnhof geplant der Coburg-Nord heißen sollte und eine Verladerampe. Auch dieses Projekt zerschlug der Krieg. Eine große Badeanstalt im sog. „Tiefen Stück“ mit einem Weg von der Kaserne sollte dorthin gebaut werden. All diese Pläne hat der Krieg zerschlagen.

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Ehemalige Gastwirtschaft Schneider in Dörfles, später Büchner, heute Schaller
Repro: Archiv Ulrich Göpfert

Dörfles hat durch die Nähe der Kasernen Vorteile gehabt, besonders die Geschäftsleute. Die Gastwirtschaften in Dörfles waren jeden Tag voll von Militär. Omnibusse fuhren zu dieser Zeit noch nicht nach Coburg und so ging man eben in das nahe gelegene Dörfles, wenn man Ausgang hatte. So hatten z.B. in der Gastwirtschaft Schneider, später Büchner, heute Schaller, die Unteroffiziere einer Kompanie jeden Mittwoch und Sonnabend ihre Stammtischrunde und mancher Soldat hat sich mit einer Dorfschönheit angefreundet, spätere Heirat war nicht ausgeschlossen.

Quellenhinweis: Hermann Büchner, Dörfles-Esbach