Türmer und Nachtwächter in Coburg

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Türmer und Nachtwächter in Coburg
Der Stadtführer Roland Schäfer gab beredetes Zeugnis davon

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Roland Schäfer als „Coburger Türmer“
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Coburg 
An dieser Stelle möchte ich mich sehr herzlich bei Roland Schäfer für seine Unterstützung, die er mir zukommen lässt, wenn ich wieder einmal etwas Detailliertes zu meinen historischen Beiträgen auf meinem Internetportal benötige. Er greift mir mit seinen sachkundigen Ratschlägen dabei immer „unter die Arme.“

Bevor er Pensionist wurde war er als Bezirksleiter im Baudienst bei der DB tätig. Zu seinen dienstlichen Obliegenheiten gehörten die verantwortliche Überwachung und Unterhaltung der baulichen Anlagen wie Gleiskörper, Brücken und Bahnübergänge. Sein Tätigkeitsbereich umfasste die Strecken: Hochstadt-Marktzeuln - Probstzella bis zur Landesgrenze in Falkenstein, die so genannte Frankenwaldbahn, über den Rennsteig hinweg in Richtung Saaletal. Auf der Strecke Bamberg - Hof den Abschnitt von Lichtenfels bis Neuenmarkt-Wirsberg. Im Coburger Land die Strecke nach Rodach . Dazu kam weiter die 45 Kilometer lange Bahnlinie von Coburg über Sonneberg hinauf auf den Rennsteig bis Ernsttal und die Strecke Sonneberg - Eisfeld. (Die Strecke Sonneberg - Eisfeld und der Abschnitt von Sonneberg bis Ernsttal, der Bahnlinie Coburg-Ernsttal gehörten bis zur Wende 1989/90 zur ehemaligen Bahnmeisterei Sonneberg.)

 
Roland Schäfer bei seinem Auftritt anlässlich „Lassen Sie sich (ver)führen“ vor der Morizkirche Coburg.
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Jetzt ist er als Gästeführer und Mitglied im Bund Deutscher Gästeführer für die Touristinformation Coburg tätig. Bei dem kürzlich aus Anlass "950 Jahre Coburg" von einem Teil der Gästeführer veranstalteten Event "Lassen Sie sich (ver)führen" und in der „Museumsnacht“ am 9. September 2006 hat er als Türmer mitgewirkt. Wie er dazu ausführte: „Da habe ich von den Aufgaben der Türmer erzählt, die, nicht wie die Nachtwächter nachts durch die Strassen zu gehen und dort für Ordnung sorgen mussten, sondern vom höchsten Turm der Stadt aus vor Gefahren zu warnen, hauptsächlich Brandwache zu halten, hatten“.

Er berichtet, das die Türmer zur Warnung der Stadtbewohner entweder ein Wächterhorn, Glocken und bei Dunkelheit auch Lampen verwendeten. Gemäß den Statuten der Stadt Coburg von 1675 hatten die Türmer alle Glockenschläge durch entsprechende Anzahl von Hornstößen zu wiederholen. Bei diesem Anlass trat er, nicht wie üblich, in Nachtwächterkleidung mit langem Mantel, Handlaterne und Spieß auf. In dieser Montur auf den Turm zu steigen wäre auch zu beschwerlich gewesen. In Anlehnung den letzten Coburger Türmer hatte er einen dunklen Mantel an, als Kopfbedeckung einen schwarzen Hut und dazu ein Wächterhorn.

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Ein Tüter war zu viel…
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Ein Höhepunkt dabei war der Vortrag in Coburger Mundart:

„Der 13. Tüter vom Morizturm“

Vom Umgang auf´m Morizturm,
su is seit Altersch hargebracht,
do tüt a jeda Vertelstund,
a Wachter in die finstra Nacht.
Auf jedem Türmla schlögt a Uhr,
mer hörts bis in die Häuser nei,
doch will mer ah noch tüten hör, -
süst müsst mer net von Coburg sei.

Mer is im Stadtla dragewöhnt,
es stört kän Bürger in der Ruh,
in Krieg und Frieden wird getüt.
Seit tausend Jahr´n scho tüt mer su,
an G´sunden brengt´s net um sein Schlof,
a Kranker zehlt die Tüter mit –
Un so a G´schimpf am annern Tog,
hot Aener amol falsch getüt.

D´r alta „Bühling“ zehlt gar net,
ar denkt, auf än kummts ja net a,
su lößt er bal an Tüter wack,
un bal macht ar än mehra na.
Heit war ar wieder mol verklogt
un früh scho hie aufs Rothaus b´stellt,
wu ne d´r Kämmrer beinah frisst
un stundenlang a Predigt hält.

Oeb er denn net racht richtig wär?
Er hätt´ es Brühla wieder b´schütt,
un anschtatt zwölf die letzta Nacht
do hätt´er dreizamol getüt!
A Wachter auf´m Morizturm,
dar müsst a wengla g´scheiter sei,
un könnt ar net bis zwölf gezehl,
da schlag a Dunnerwatter nei!

Mei Bühling kratzt sich hinterm Ohr,
denkt, wie mersch macht, su is net racht!
Ar hengt sein Kopf und schüttelt na –
denn heit die Nos´n war net schlacht.

Uf ämol guckt ar auf un sogt:
„Do kah mer manchmal nex dezu,
is su a Tüter amol naus, -
Mer kah ne nümmer neigetu“!

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Roland Schäfer als Türmer im Kreise seiner Stadtführerkollegen(innen) im Innenhof von Schloss Ehrenburg. Mit auf dem Foto (2. v.l. Oberbürgermeister Norbert Tessmer
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Der letzte Coburger Türmer war der "Götz von Coburg", der bis 1919 und von 1932 bis 1945 auf dem Morizturm seinen Dienst versah. 1956 zur 900 Jahrfeier Coburgs hatte der Herr Götz auch nochmals "getutet". Dies hat Roland Schäfer zur 950 Jahrfeier noch einmal aufleben lassen. In der Museumsnacht am  Samstag, 9. September 2006 trug er außerdem noch vor der Morizkirche den "Mönch auf dem Morizturm" vor.

Quellenhinweise:
Gedichte und Geschichten mit Bildern aus alter Zeit", Veste-Verlag
Die schönsten Sagen und historischen Erzählungen aus dem Herzogtum Coburg und seiner Umgebung", Verlag Frankenschwelle, Hildburghausen