Die letzte Hinrichtung

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Die letzte Hinrichtung in Hassenberg
fand im Herbst 1791 statt

Ein Elternmörder wurde mit dem Schwert vom Leben zum Tod befördert

 
Ein grausames Bild

Früher waren diese Darstellungen jedoch ziemlich verbreitet. Man scheute sich nicht, das Schreckliche der Körperstrafen darzustellen und diesen Eindruck noch zu steigern, indem nebeneinander auf einem Blatt die verschiedenen Arten von Strafen gezeigt wurden, besonders die verschiedenen Arten der Todesstrafe: Hinrichtung durch das Schwert, Aufhängen am Galgen, Verbrennen. Tatsächlich wurden auch solche Strafen auf öffentlichen Plätzen unter der Teilnahme einer großen Zuschauermenge vollzogen. Es war eine barbarische Justiz, aber die Absicht lag dabei darin, abschreckend zu wirken. Daher schon bei kleineren Vergehen das Anbinden an den Schandpfahl und öffentliches Stäupen. Die auf dem Repro dargestellte Szene vollzieht sich vor dem Gerichtsgebäude, aus dessen Fenster Amtspersonen herabschauen, in dem Mann mit dem Stab erkennen wir den Richter.

Vor über 200 Jahren wurde in Steinach Nikolaus Hoffmann, der am 16. August 1791 seine Eltern ermordet hatte hingerichtet. Es war dies gleichzeitig die letzte Hinrichtung des Gerichts in Hassenberg. Steinach gehörte bis 1854 zum Rittergut Hassenberg, das zwei Jahre später versteigert wurde. Es war Lehen der Herren von Hassenberg, die im dortigen Schloss wohnten. Das Rittergut war mit den hohen und niederen Gerichten beliehen. Die Hassenberger Herren hatten also das Recht, nicht nur bei einfachen, sondern auch bei schweren Verbrechen Gericht über ihre Untertanen zu halten.

Die Büttelei (Polizei und Gefängnis) sowie der Pranger befanden sich in Steinach. Die Büttelstube oder Frohnveste war im früheren Wohnhaus des Wagnermeisters Walter. Bis zum Abbruch dieses Hauses im Jahre 1893 war in der Werkstatt der Haken zu sehen, an den die Verbrecher bis zur Aburteilung und Hinrichtung mit schweren Eisenketten angehängt wurden. Der Pranger stand vor dem Wirtshaus. Bis ins 19. Jahrhundert konnte man dort noch den Stein sehen, an dem die Verurteilten gebunden wurden. Dies geschah meist am Sonntag, damit die Kirchgänger den Verbrecher beschimpfen konnten. Andererseits diente der Pranger jedoch zur Abschreckung.

Der Galgen stand am Verbindungsweg zwischen Hassenberg und Neundorf. Bei der Mitzwitzer Aumühle diente ein Papelstumpf als Richtblock. In der Nähe der Steinachbrücke, an der Grenze zwischen Steinach, Hof und Mitwitz, befand sich das Rad. Von der letzten Hinrichtung geben die Chronisten fast aller umliegenden Orte folgende Mitteilung:

Nikolaus Hoffmann, der Klölein genannt wurde, stammte aus einer der vielen Wustungen zwischen Mitwitz und Burggrub. Seine Eltern verweigerten ihm die Erlaubnis, eine "lüderliche Dirne“ zu heiraten. Daraufhin erbrach er nachts die Türe zum elterlichen Schlafzimmer und erschlug Vater und Mutter mit der Axt. Dann setzte er dem Hofhund einen großen Napf Futter vor, füllte die Krippen des Viehs mit Heu, verschloß die Haustür und floh.

Nach vier Tagen wurde ein vorbeigehender Bauer durch das Brüllen der Tiere aufmerksam. Er verschaffte sich Zutritt ins Haus und entdeckte das entsetzliche Blutbad. Trotz eifriger Fahndung der Polizei gelang es erst nach mehreren Monaten, den Elternmörder zu fassen. Kaltblütig tanzte er bei einer Kirchweih in Schney. Ein junger Mann bemerkte die Blutspritzer am Hemd des Mörders und stellte ihn unter Mithilfe einiger Freunde zur Rede. Der Mörder suchte sich zu rechtfertigen, verwickelte sich aber so in Widersprüche, dass seine Verhaftung veranlaßt wurde. Nun stellte sich heraus, dass man den gesuchten Elternmörder gefaßt hatte.

Er wurde nach Steinach gebracht, wo er in der Büttelstube in Ketten geschlossen wurde. Nach der Gerichtsverhandlung wurde der Stab über ihm gebrochen. Am Hinrichtungstag, im Herbst 1791, wurde der Mörder zum Richtblock geschleift, wo ihm der Henker mit dem Beil die rechte Hand abhackte. Als der Mörder laut aufschrie, rief der Henker: "Schrei nur! So hat es deinen Eltern getan, als du sie ermordet hast“! Hierauf führte man ihn zum Rad. Ein Schwerthieb trennte ihm den Kopf vom Rumpf. Dann wurde der Körper auf das Rad gebunden, damit er von den Aasvögeln gefressen werden sollte. Der Kopf wurde auf eine Stange neben dem Rad aufgespießt. Nachts wurde er von zwei Fremden entwendet, nach Coburg gebracht und dort verkauft.

Hier nun der wörtliche Eintrag in der Steinacher Ortschronik:
"Anno 1791 den 16. Augustus hat Nikolaus Hoffmann auf der Wustung seine beiden Eltern erschlagen und ist wechgegangen nach Lichtenfels. Da ist in Arrest genommen worden und ist wieder geliefert nach Steinach worden und in Herwes ist er geköpft und die Hand abgehauen worden“. Unterschrieben von: Johann Simon Wirbel, Schultheiß.

 
Richtschwert aus dem 15. Jahrhundert

Alle öffentlichen Todesstrafen trugen ursprünglich mit aller Wahrscheinlichkeit sakralen Charakter. Sie beruhten auf dem Menschenopfer, zu dem riegsgefangene und todeswürdige Verbrecher genommen wurden. Schon bei den Germanen gab es verschiedene Todesarten, z.B. wurden Mörder dem Gotte Donar durch Rädern geopfert. Zu fränkischer Zeit wurde das Menschenopfer zur Todesstrafe umgewandelt.

Die germanischen Strafmittel haben sich teilweise auch im Mittelalter weiter erhalten. Im Mittelpunkt stand die peinliche Strafe, die Strafe an Hals und Hand, die gegen Ende des Mittelalters in erschreckendem Maße anwuchs. Schon geringe Vergehen hatten den Tod zur Folge.Der Abschreckungsgedanke führte zu einer ständig wachsenden Verwilderung und Verrohung des Strafvollzuges.

Noch eine andere Überlegung ließ den mittelalterlichen Menschen an dem Verbrecher so grausam handeln. Nach seiner Meinung ward der Verbrecher ein von Dämonen Besessener. Der Tod sollte den Teufel aus dem Körper vertreiben. Daher ist auch die häufige Verwendung dämonenfeindlicher Elemente bei Todesstrafen und Gottesurteilen verständlich. Hexen und Ketzer läuterte das Feuer. Die ertränkte Kindesmörderin wird durch das Wasser gereinigt.

In diesem Sinne unterstreicht auch die Inschrift des gezeigten Richtschwertes "Wan ich das schwerdt tuh aufheben, so wunsch ich dem sünder das ewige Leben“ die mittelalterliche Auffassung des Menschen von der Reinigung, die zwar den Tod bedingte, den Gerichteten jedoch von den teuflischen Dämonen befreite und ihm somit den Weg zum ewigen Leben öffnete. 

Quellenhinweis: Andreas Stubenrauch