Burgruine Altenstein

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Burgruine Altenstein
Nach einer Sage sollen zwölf Mitglieder der Ritterfamilie von Stein durch den Richterspruch des Würzburger Bischofs Eyring von Rheinstein hingerichtet worden sein

 

Die Burgruine Altenstein thront in herrlicher Lage, von weitem sichtbar, auf einem 451 Meter hohen, rings von Obstgärten umgebenen Felsen. Besonders im Frühling, wenn die Kirschblüte ihren weißen Hochzeitsschleier über die Hänge breitet, zieht sie Wanderer aus allen Himmelsrichtungen an.

 

Schon vor mehr als einem Jahrtausend, taucht ihr Name 802 und 817, in Fuldaer Urkunden auf. 823 "übergibt“ Ottfried von Stein das Dorf dem Kloster von Fulda. Vielleicht hat die Überlieferung recht, und die "Alte Burg“ war damals noch die Festung der Herren von Stein. Erst ab 1232 ist durch die urkundliche Erwähnung einer Burgkapelle die Existenz eines Ansitzes des reich begüterten Geschlechts auf dem "Alahstein“ (Tempelstätte, Freistatt für Verfolgte) gesichert. Die Altensteiner Burg beherrschte im Mittelalter die "Hohe Straße“ der Zeilberge, den wichtigsten Verbindungsweg von Augsburg über Nürnberg, Bamberg und Meiningen in den Norden. Die Ritter waren wohl oft in Ausnutzung dieser Lage nicht zimperlich bei der Erhebung des Straßenzolls von vorüberziehenden Kaufleuten. Nach H.J. Jäck, veröffentlicht in den Bamberger Jahrbüchern 1855, " sollen als Folge solcher Raubritterallüren im Jahre 1254"  zwölf Angehörige der Familie von Stein durch den Richterspruch des Würzburger Bischofs Eyring von Rheinstein wegen Landfriedensbruch hingerichtet worden sein.

 

Die Sage hat sich dieses blutigen Vorfalls angenommen, die 1518 nach dem der Familie überlieferten Bericht von Klaus von Stein, von Lorenz Fries aufgezeichnet wurde. Bischof Eyring, selbst ein kriegserfahrener Mann, war aus einem in damaliger Zeit sicher nicht schwer zu findendem Anlaß mit einer Streitmacht vor die Burg, der immer mächtiger werdenden Altensteiner gezogen. Als die monatelange Belagerung aber zu keinem Erfolg führte, sandte der arglistige Prälat einen Herold auf den Altenstein, der den zwölf Brüdern anbot, die strittige Angelegenheit durch einen vernünftigen Vergleich zu bereinigen. Da auch die Verteidiger des Kampfes müde waren und sie an der Aufrichtigkeit des Kirchenfürsten keinen Zweifel hegten, gingen sie gerne auf die scheinbare friedliche Lösung ein. Der Bischof wurde eingelassen, der Freundschaftsbund vor dem Altar der Burgkapelle beschworen und nachher im Festsaal bei festlichem Mahl und gutem Wein bekräftigt. Allzu vertrauensselig entsprachen die Brüder dem Wunsch ihres hohen Gastes, ihn einzeln in seinem Zimmer zu persönlichen Gesprächen aufzusuchen. Dort aber wurden alle zwölf von den bereitstehenden Henkersknechten des Eyring von Rheinstein der Reihe nach abgeschlachtet. Dem jüngsten Opfer, Herdegen von Stein, gelang es noch, vor seiner Ermordung dem unchristlichen Bischof mit einem Messer die Nase abzuschlagen.

 

Immerhin halten Chronisten wie Lorenz Fries (Chronik des Bistums Würzburg, 1518), M. Cyriacus Spangenberg (Hennebergische Chronik) und Groopius (Lebensbeschreibung Eyrings von Rheinstein) den geistlichen Herrn für einen Mann, dem man allerlei zutrauen konnte, und M. Johann Episcopus schildert in seiner gereimten würzburgischen Geschichte (um 1569) den Meuchelmord in der oben dargestellten Weise.

 

Seifried, der 13. der Brüder, der zur Zeit der gräßlichen Bluttat fern der Heimat im Johanniterheer kämpfte, soll nach seiner Rückkehr unerkannt als Maurer gearbeitet haben, ehe es ihm gelang, als Alleinerbe wieder in den Besitz der Familiengüter zu gelangen. Zur Erinnerung an diesen "Maurer-Stammherrn“ sollen die drei Hämmer auf blutigem Feld ins Wappen der Stein von Altenstein aufgenommen worden sein. Nach einer anderen Überlieferung leitet das Geschlecht seine Abstammung vom germanischen Donnergott Thor ab, auf dessen Hammer Mjölnir das Wappen hinweist.  

 

Über Jahrhunderte hinweg, erhielt sich der Haß der Altensteiner Herren auf die Nachkommen des Eyring von Rheinstein. Endres von Stein empörte sich noch 1539 darüber, dass man seinen Bruder, den verstorbenen Domherrn Hans von Stein, in Abwesenheit seiner Verwandten just an der Stätte, wo der vor 200 Jahren dahingeschiedene Domherr Heinrich von Rheinstein bestattet lag, begraben hatte. "Ein Altensteiner könne nicht ruhig neben einem Sproß jener Familie liegen, deren Anherr einst zwölf seiner Vorfahren unschuldig ermordet hatte“. 

 

Im Jahre 1525, damals im Bauernkrieg hatten die Angreifer leichtes Spiel die Burg zu zerstören, denn der Burgherr Klaus Ludwig von Stein stand mit seinen Reisigen (berittene Söldner) als Feldhauptmann am Rhein. Im Jahre 1567 ließ Wolf Dietrich von Stein die schwer heimgesuchte Burg wieder aufbauen. 

 

1567 war außerdem für das Altensteiner Geschlecht wiederum ein sehr trauriges Jahr. Am 18. April wurde Wilhelm von Stein, der Vater oder Bruder Wolf Dietrichs (?) auf dem Marktplatz von Gotha hingerichtet. Er hatte mit seinem Freund Wilhelm von Grumbach und dem Markgrafen Albrecht Alcibiades gemeinschaftliche Sache gegen den Bischof von Würzburg gemacht. Hierbei wurde im Laufe des berühmten "Grumbachschen Händel“ der Bischof von Würzburg erschossen. Deshalb verhängte der Kaiser Maximilian über die beiden Freunde und auch über den unglücklichen Herzog von Coburg, Johann Friedrich den Mittleren, die Acht, die des Herzogs Verwandter, Kurfürst August von Sachsen, vollstreckte. 

 

Johann Friedrich, der Vater von Herzog Casimir, wurde zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurteilt, Wilhelm von Grumbach wurde lebendig gevierteilt und Wilhelm von Stein enthauptet. 

 

Fünf Jahrhunderte lang lebten die von Stein zu Altenstein auf ihrer Burg, die nach dem Bauernkrieg noch ein zweites Mal  während des Dreißigjährigen Krieges zerstört wurde. 1634 wurde sie "von feindlichen Truppen“ erstürmt und der Burgherr Kaspar von Stein dabei erschossen. Der 1670 ergangenen Aufforderung des Fürstbischofs von Würzburg, die umfangreiche Festung wieder vollständig Instand zusetzen, scheint man nur ungenügend nachgekommen zu sein, und die von Kaiser Leopold 1695 in den Freiherrenstand erhobene Familie siedelte 1703 in das neu erbaute Schloss Pfaffendorf über. Auf dem Altenstein blieben nur einige Kemenaten bis 1790 bewohnt. Mit der Stiftsdame Luise von Stein, die 1875 auf dem Friedhof zu Pfaffendorf beerdigt wurde, erlosch das einst reiche und mächtige Geschlecht mit einer über tausendjährigen Geschichte.

Alle Fotos: 2010 © Ulrich Göpfert