Nachtwächterzunft in Bad Rodach

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Bad Rodach und seine Nachtwächterzunft
„Hört ihr Leut wir geben kund“:
Beginn der diesjährigen Nachtwächtersaison am 2. Mai und
25jähriges Jubiläum wird am Wochenende 28./29. Juli 2007 gefeiert

Von Ulrich Göpfert

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Der Bad Rodacher Nachtwächter Roland Schmidt
bei seinem nächtlichen Rundgang

2007 © Ulrich Göpfert

Bad Rodach
Neben dem weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Thermalbad hat Bad Rodach noch weitere Attraktionen zu bieten. Heute möchte ich Ihnen von den Nachtwächtern in Bad Rodach berichten: Waren Sie schon einmal bei einem Rundgang mit dem Nachtwächter in Bad Rodach dabei? Nein, dann sollten Sie dies ab dem 2. Mai bis 26.September (Nachtwächtersaison 2007) unbedingt in ihren Terminkalender mit einplanen. Jeden Mittwochabend um 20.00 Uhr kann der Nachtwächterturm besichtigt werden und danach finden die Veranstaltungen am Pulverturm bei der „Alten Schule“ in Bad Rodach ihren Fortgang. Dort werden Sie ab 20.30 Uhr musikalisch unterhalten und um 21.00 Uhr erfolgt der Nachtwächterauftritt.

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Der Bad Rodacher Nachtwächter Roland Schmidt (links) und der Gast-Nachwächter Christian Engelhardt bei ihrem Vortrag. Der Vater von Christian Engelhardt, Karl-Heinz Engelhardt gehört mit zur Stammbesetzung
der Bad Rodacher Nachtwächter
2007 © Ulrich Göpfert

Ein ganz besonderes Jubiläum können „Die Bad Rodacher Nachtwächter“ in diesem Jahr feiern, denn genau seit 25 Jahren gibt es sie wieder. Dieser Anlass wird am Festwochenende: 28./29. Juli 2007 mit einem umfangreichen Programm gefeiert. Darüber werde ich zu gegebener Zeit wieder ausführlich berichten.

Zur Stammbesetzung der Bad Rodacher Nachtwächter gehören heute: Roland Schmidt und Karl-Heinz Engelhardt aus Bad Rodach sowie Alfred Hahn aus dem OT-Roßfeld.

Seit 1982 gibt es sie wieder die Rodacher Nachtwächter – natürlich nicht mehr mit den alten Aufgaben. Vom 16. Jahrhundert bis 1896 wurde das Nachtwächteramt in Rodach hauptamtlich wahrgenommen. Die Hauptaufgabe der Nachtwächter war, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, Diebe zu stellen, ausbrechendes Feuer rechtzeitig zu melden sowie die vollen Stunden anzublasen und einen Stundenvers zu singen. Von 22.00 Uhr bis 4.00 Uhr patrouillierten sie im fränkischen Städtchen.

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Der Nachtwächterturm in Bad Rodach mit einem Teil der alten Stadtmauer
2007 © Ulrich Göpfert

Die Nachtwächter in früherer Zeit
Die Einsetzung der ersten Nachtwächter in Bad Rodach ist urkundlich nicht zu belegen. Das Stadtarchiv verfügt über keine Unterlagen aus der Zeit der mittelalterlichen Stadt. Bekannt ist jedoch die Wachordnung von 1829. Sie bestimmte die Aufgaben der drei Lautewächter und der acht „Stillen Wächter“. Bis Ende 1869 wurden vier Wächter aufgestellt, wovon jede Nacht zwei herumgegangen sind und an den ihnen angewiesenen Orten die Stunden abrufen mussten. Außer diesen Lautewächtern patrouillierten in jeder Nacht, im Sommer acht und im Winter sechzehn Männer aus der Bürgerschaft als so genannte „Stille Wächter“. Sie mussten auf Feuer, nächtliche Unfuge und verdächtige Personen Acht geben. Zu ihren Obliegenheiten gehörten Stadttore und Gasthäuser zu kontrollieren und das Anzünden der Straßenlaternen sowie das Löschen des Lichtes am nächsten Morgen.

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Ein Blick in die Nachtwächterstube im Nachtwächterturm an der alten Stadtmauer
2007 © Ulrich Göpfert

Zu gewissen Anlässen verfassten die Nachtwächter eigene Verse, um der Obrigkeit die Meinung des Volkes ungestraft kund zu tun. Dieser Brauch wird auch heute wieder in Bad Rodach praktiziert. Es ist ein Ehrenkodex der Rodacher Nachtwächter, jeden Auftritt mit neuen Versen zu gestalten. Diese Aufgabe erfordert viel Geschick und ist für einen 30-minütigen Auftritt recht zeitaufwendig.

Davon eine kleine Kostprobe:
„Hört ihr Leut`, wir geben kund,
wir nehmen kein Blatt vor dem Mund,
alles was um uns passiert,
wird angebracht, gereimt und kommentiert.

Die Gäste all` wir informieren,
das Gute und das Schlechte,
wir glossieren, wir stehen ein für unsre Stadt,
die gut` Thermalbad hat.“

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Die letzten vier Schutzwächter sind namentlich
bekannt und ein Bild links neben der Tür im
Nachtwächterturm zeigt diese Originale, die auch im
Heimatmuseum noch einmal ausgestellt sind

2007 © Ulrich Göpfert

Im Jahr 1854 bewilligte die Stadtkasse 150 Gulden zur Wegschaffung gefährlicher oder der Stadt lästiger Personen. Im Jahr 1863 erfolgte dann die Abschaffung des allabendlichen Läutens des Rathausglöckleins um 21.00 Uhr. Am 1. Januar 1876 erklang das Stundenlied des Lautewächters zum letzten Mal in Rodach. Nach einer Eintragung im Stadtarchiv befand sich der Aufenthaltsraum der Wächter im Spritzenhaus, die Arreststube der Stadt. Es handelt sich um das Anwesen des Haushaltswarengeschäftes Genßler an der Heldburger Straße am Markt, gegenüber dem Fachwerkhaus „Fridolin“.

Aus der Rodacher Nachtwächterzeit blieb übrigens eine Redensart erhalten: „Wenn eine Hausfrau schlecht geputzte Fensterscheiben hatte, bemerkten die Nachbarinnen: „Da hört ma kenn Nachtwächter durch die Scheim“. Die Jahreswende zum 20. Jahrhundert war das Ende der Nachtwächterei in Rodach, da Schutzmänner und Polizei die Aufgaben übernahmen, die einst Nachtwächter ausgeführt haben.