Landestheater Coburg
PELLÉAS UND MÉLISANDE
Oper von Claude Debussy
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Szenenfoto: PELLÉAS UND MÉLISANDE
Foto: 2014 © Andrea Kremper
Der Regisseur Jakob Peters-Messer hat einen Text über diese Oper verfasst:
Je l’ai fait malgré moi
Ich habe es getan ohne es zu wollen. Ich habe es wider Willen getan. So ungefähr kann man diese eigentlich unübersetzbare Formulierung ins Deutsche übertragen. Genau das sagt Golaud, nachdem er Pelléas getötet hat, seinen Halbbruder, den er für den Liebhaber seiner Frau hält. Je l’ai fait malgré moi. Etwas zu tun ohne es zu wollen. Oder, anders gesagt, es einfach geschehen zu lassen, das charakterisiert eigentlich das Verhalten aller Figuren in Debussys Oper Pelléas et Mélisande.
Ihr Handeln erscheint unausweichlich, bestimmt von einem geheimnisvollen Anderen
Gerade beim Mord an seinem Bruder agiert Golaud wie ferngesteuert, wie jemand, dem sein Tun von außen diktiert wird. Vom Schicksal, von seiner Bestimmung, auch von der Gesellschaft, von dem, was er für seine Ehre hält. Weil es so sein muss, dass der betrogene Ehemann den Ehebrecher zur Strecke bringt, auch wenn es der eigene Bruder ist. Aber das ist nur die äußere Seite der Fremdbestimmung, unter der die Figuren der Oper Debussys und Maeterlincks Theaterstück leiden.
Szenenfoto: PELLÉAS UND MÉLISANDE
Foto: 2014 © Andrea Kremper
Sie ist eine direkte Ableitung der moralischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts
Nicht umsonst ist in dieser Epoche der Ehebruch, vor allem die aus der bürgerlichen Ehe flüchtenden Frau, zentral und wird auch in dieser Oper zum Thema. Wichtiger noch als dieser gesellschaftliche Aspekt ist aber die Form der Fremdbestimmung, die die Figuren in sich selbst tragen: Ihr Schicksal, dem sie nicht entrinnen und das sich ihnen auch nicht entschlüsselt.
Schon im 1. Akt sagt der alte, blinde König Arkel von Allemonde:
Il n’arrivent peut-être pas d’évenements inutiles. Es geschehen vielleicht keine unnützen Dinge. Es geschieht vielleicht nichts ohne Sinn. Alles hat seine Bedeutung, seine Bestimmung. Sich dagegen zu wehren ist sinnlos, könnte man hinzufügen. Daher die bleierne Stimmung, die über dem Schauplatz liegt, und eine bestimmte Passivität der Figuren, die wie erdrückt, wie gelähmt sind von dieser Stimmung.
Das Schloss Allemonde wird als dunkel und kalt beschrieben
Die Menschen, die es bewohnen, sind alt. Leben sie noch oder sind es schon Untote, Geister? Auch die Jüngeren werden nach und nach aufgefressen von dieser Atmosphäre des Verfalls. Von Pelléas heißt es etwa: Il est un peu étrange. Er benimmt sich also etwas befremdlich. Beginnende seelische Störungen zeigen sich bei allen Figuren in Form von depressiven Absencen, einem plötzlichen Wegtreten oder Abdriften. Oder auch in plötzlich ausbrechenden Aggressionen wie bei Golaud.
Aber Vorsicht
das Schloss Allemonde ist nicht nur ein Ort der Tristesse. Das Gefühl von Unheil und Verhängnis, das uns beschleicht, erzeugt noch etwas anderes: Spannung. Und darauf versteht sich auch der Komponist Debussy, der in seiner Musik die Kurven von Schauer und Schrecken nachzeichnet. Allemonde ist ein Spukschloss, ein Geisterhaus, in dem Unheimliches vorgeht. Wir betreten Räume, in denen Verbrechen geschehen könnten. Oder vielleicht schon geschehen sind? Wir wissen es nicht so genau und werden auch vorsätzlich im Unklaren gelassen. Das ist eigentlich eine Technik des Krimis oder des Psycho-Thrillers. Und es ist gar nicht so abwegig, Debussy und Maeterlinck auch einmal unter diesem Aspekt zu betrachten.
Schon der Beginn der Oper gibt Rätsel auf
Ein Mann findet ein Mädchen im Wald. Ihr wurde offensichtlich Schreckliches angetan. Gewalt? Vergewaltigung? Alles, was wir erfahren ist ihr Name: Mélisande. Ihr Vorleben bleibt im Dunkel und wird es auch bis zum Schluss bleiben. Diese Verschleierungstaktik erzeugt Spannung. Sie beschwört das Unheimliche. Das Unheimliche ins Positive gewendet aber ist das Geheimnisvolle, das Rätselhafte.
Und das Geheimnis, das Mélisande umgibt, macht sie so unwiderstehlich anziehend
Sie bringt Jugend und Frische in das sterbende Schloss und wird zum Opfer seiner Bewohner, die das letzte Leben aus ihr saugen. Und so bleibt es auch ein Rätsel, dass sie am Ende ohne ersichtliche Krankheit stirbt, vergeht, verweht, sogar unbemerkt von den anderen. Sie entschwindet ins Dunkel des Geheimnisses, aus dem sie kam.
Szenenfoto: PELLÉAS UND MÉLISANDE
Foto: 2014 © Andrea Kremper
PELLÉAS UND MÉLISANDE (PELLÉAS ET MÉLISANDE)
Oper von Claude Debussy
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Premiere: Samstag, 19. April 2014, 19.30 Uhr, Großes Haus
Musikalische Leitung Roland Kluttig
Inszenierung Jakob Peters-Messer
Bühnenbild Markus Meyer
Kostüme Sven Bindseil
Choreinstudierung Lorenzo Da Rio
Dramaturgie Renate Liedtke
Arkel, König von Allemonde Michael Lion
Pelléas, Enkel Arkels Joel Annmo
Mélisande Verena Usemann
Golaud, Enkel Arkels Rainer Scheerer
Geneviève Gabriela Künzler
Yniold, Golauds Sohn aus erster Ehe Luise Hecht
Ein Arzt Thomas Unger
Chor des Landestheaters (Einspielung)
Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg
Weitere Vorstellungen
Dienstag, 01. Juli 2014, 19.30 Uhr – zum letzten Mal
Werkeinführung jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn