Passionsspiele 2010 in Oberammergau

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Wo die Leidenschaft fürs Leiden Christi lodert

Passionsspiele 2010 in Oberammergau

Eine Fotoreportage von Ulrich Göpfert


Sein Vater schritt als Hohepriester Kaiphas über die berühmte Bühne, sein Opa mimte den Hohepriester Annas und Christian Stückl selbst gibt mittlerweile zum dritten Mal als Spielleiter den Ton an.

 

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Spielleiter Christian Stückl, li.

Foto: 2010 © Ulrich Göpfert

 

Tragende Rollen bei den Passionsspielen schmücken nahezu jede Biografie eines echten Oberammergauers. Und die Leidenschaft für die Leidensgeschichte Christi ist ungebrochen: Über 2000 der rund 5300 Dorfbewohner machen von ihrem Spielrecht Gebrauch und bringen ihren Regisseur damit ganz schön ins Schwitzen. Wochen zuvor streifte Christian Stückl, der nebenbei noch Intendant am Münchner Volkstheater ist, durch seine Heimatgemeinde, um die Bewerber um die begehrten Rollen der Passionsspiele 2010 zu casten. 1834 Erwachsene und 638 Kinder hatten sich angemeldet. 300 Personen mehr als im Jahr 2000. „Die musste ich alle irgendwie unterbringen“, sagt Stückl, lacht und schüttelt ein bisschen den Kopf, so als könne er die Begeisterung seiner Mitbürger manchmal selber kaum fassen.

 

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Festspielhaus Oberammergau - Innenraum

Foto: 2010 © Ulrich Göpfert

 

Warum die Oberammergauer seit 1634 alle zehn Jahre das Leiden Christi auf die Bühne bringen, über ein Jahr vorher alle Eitelkeit über Bord werfen, um sich nach dem traditionellen Barterlass am Faschingsmittwoch die Haupt- und Barthaare sprießen zu lassen und warum sie ihre Freizeit opfern, um zu singen, zu proben und dann den ganzen Sommer über zu spielen, das hat schon so manchen ins Grübeln gebracht. Eine ganz simple Erklärung für das Passions-Phänomen hatte 1859 der Pfarrer und Spielleiter Josef Alois Daisenberger parat: „Im Allgemeinen“, meinte er, „ist der Ammergauer ein Freund der Musik und des Theaters“.

 

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Pilatushaus Oberammergau

Foto: 2010 © Ulrich Göpfert

 

Oberammergau – unauflöslich mit der Passion verbunden

Die Wurzeln der Spiele liegen in einem Gelübde der Oberammergauer Bürger im Jahre 1633. Die Pest hatte auch Oberammergau erreicht. Nachdem zahlreiche Oberammergauer Einwohner der Seuche zum Opfer fielen, gelobten die Bürger die regelmäßige Aufführung der Passionsspiele. Die seit 1634 im zehnjährigen Turnus aufgeführten Passionsspiele haben den Ruf Oberammergaus hinaus in die ganze Welt getragen.

 

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Gäste aus Indien bei den Festspiele in Oberammergau

Foto: 2010 © Ulrich Göpfert

 

Und die Welt wird immer wieder zu Gast in diesem einzigartigen Dorf sein, das inzwischen jeden Sommer auch hochkarätige Schauspiel- und Operninszenierungen auf die Bühne des Passionsspielhauses bringt. Die Mitwirkenden der Passionsspiele haben an den Wochenenden im Juli 2009 das Stück »Die Pest« im Passionstheater aufgeführt. Unter der Leitung von Christian Stückl wurde die Geschichte des Taglöhners Kaspar Schisler erzählt. Eben jener Unglückseliger, der 1633 in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges die Pest in Oberammergau einschleppte und das monatelange Sterben an der Pest auslöste, das letztendlich zum Passionsgelöbnis führte. Oberammergau ist gleich mehrfach mit dem „Kini“ verbunden: 1871 genoss Ludwig II. im Passionstheater eine Separatvorstellung des Passionsspiels aus dem Vorjahr und als Dank stiftete der König dem Ort eine 12 Meter hohe Kreuzigungsgruppe aus Kelheimer Marmor, die nach vielen Mühen und tragischen Unfällen auf dem Transportweg über den Ettaler Sattel 1875 am Osterbichel aufgestellt wurde.

 

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Kloster Ettal - Eingang

Foto: 2010 © Ulrich Göpfert

 

Kloster Ettal

Mit der Gründung des Klosters Ettal im Jahre 1330 durch Kaiser „Ludwig der Bayer“ hielten handwerkliches Können, Kultur und Wissen um die Heilkräfte der Natur sowie ursprüngliche Gastlichkeit Einzug in die raue Bergwelt der Ammergauer Alpen. Noch heute ist Ettal, mit seinem weltberühmten Benediktiner-Kloster, einer der größten Anziehungspunkte für Gäste aus dem In- und Ausland.

 

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Benediktiner-Pater erläutert die Geschichte des Klosters

Foto: 2010 © Ulrich Göpfert

 

Spirituelles und Spirituosen, wie nahe liegen diese hochgeistigen Attribute in Ettal zusammen. Seit alters her komponieren die Mönche nach überlieferten Rezepturen feinste Liköre, die inzwischen Weltruf genießen. Nahezu einzigartig ist auch die Klosterbrauerei, eine der wenigen Privatbrauereien, deren Leitung tatsächlich noch in den erfahrenen Händen von Mönchen liegt. Nach den strengen Gesetzen des Bayerischen Reinheitsgebotes entstehen heute Bierqualitäten, die nur mit großer Sorgfalt, viel Geschicklichkeit und dem reinen, klaren Wasser der Ammergauer Bergwelt und erlesenen Rohstoffen zu erzielen sind. Im Jahr 2009 konnte die Klosterbrauerei auf vier Jahrhunderte Erfahrung in der traditionellen oberbayerischen Braukunst zurückblicken.

 

Fotoimpressionen aus Oberammergau und Kloster Ettal

 

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Kirche Oberammergau

 

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Hotel „Alte Post“ in Oberammergau

 

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Pilatushaus Oberammergau

 

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Kreuzigungsgruppe

 

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Blick in den Pilatusgarten

 

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Ein Blick in das Museum

 

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Passionsdarstellung

 

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V.l.: Darsteller des Petrus: Maximilian Stöger
und Spielleiter Christian Stückl


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…gleich beginnt das Passionsspiel

 

Alle Fotos: 2010 © Ulrich Göpfert