Die dunkle Seite der Renaissance

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Ausstellung - Voranzeige
Die dunkle Seite der Renaissance – Bizarrerien im Kontext
der italienischen Druckgraphik des 16. Jahrhunderts
25. Juni bis 13. September 2015

Die Kunstsammlungen der Veste Coburg bereiten auf der Basis der reichen Bestände ihres Kupferstichkabinetts eine Ausstellung vor, deren Anliegen es ist, am Beispiel außergewöhnlicher, teilweise selten gezeigter Bildschöpfungen im Medium der Druckgraphik eine Gegenwelt zu den von Diesseitigkeit und von den Schönheitsidealen der Antike geprägten Vorstellungen von der Kunst der Renaissance zu zeigen.

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"Lo Stregozzo" (Der Hexenzug), 1. H. 16. Jahrhundert
Agostino dei Musi gen. Agostino Veneziano (um 1490 - zuletzt erwähnt 1536)
Kupferstich,  Inv.-Nr. XII,4,31
2015 © Kunstsammlungen der Veste Coburg

Die Präsentation mit ausgewählten Darstellungen bizarrer Dämonen, makaber agierender Skelette und von Hexenszenen beschreibt in dieser Form erstmals eine andere, eine dunklere Seite dieser Epoche des Umbruchs. Der Zeitraum vom 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, den die Exponate umreißen, entspricht nach allgemeinem Konsens dem der Epoche der Renaissance, die auch als Aufbruch aus der von ihrer jenseitsorientierten Religiosität wesentlich geprägten Lebenswelt des Mittelalters verstanden wird. Religionsgeschichtlich fällt in diesen Zeitraum sowohl die Reformation wie auch die um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Italien einsetzende Gegenreformation sowie die Publikation maßgeblicher Schriften, auf denen die Hexenverfolgungen gründeten. Vermeintliche Widersprüchlichkeiten, wie sie jedem Epochenbegriff innewohnen, spiegeln sich auch in der Kunst der Renaissance, insbesondere in der Graphik. In der Betrachtung solcher Bilder werden wenig bekannte Facetten eines komplexen Zeitraums beleuchtet.

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Die Skelette oder der Kirchhof, 1. H. 16. Jahrhundert
Agostino dei Musi gen. Agostino Veneziano (um 1490 - zuletzt erwähnt 1536)
Radierung, Inv.-Nr. XII,4,21
2015 © Kunstsammlungen der Veste Coburg

Die Idee der Ausstellung knüpft an den von dem italienischen Kunstschriftsteller Giovanni Paolo Lomazzo (1538-1600) verwendeten Begriff der bizarrie als Visualisierung des Bösen an. Als Beispiele solcher Bizarrerien nennt er unter anderem Martin Schongauers „Peinigung des Heiligen Antonius“, Albrecht Dürers „Ritter, Tod und Teufel“ und als prominentestes italienisches Beispiel den von Agostino Veneziano signierten Kupferstich „Der Hexenzug“. Die Sujets dieser und anderer Werke, die phantastische Visualisierungen von Dämonen und Bilder des Todes zeigen, bestimmen die Auswahl der Objekte. Hinsichtlich der Motive ergeben sich dabei Konvergenzen, zum Beispiel mit den Illustrationen auf dem Gebiet der Anatomie als neuer Bildaufgabe für die Künstler. Ein weiterer Aspekt, den die Ausstellung in der Zusammenführung der entsprechenden Objekte anschaulich werden lässt, sind Motiventlehnungen, etwa von Renaissancekünstlern wie Andrea Mantegna oder Albrecht Dürer, in den gezeigten Kompositionen, wobei auch die besondere Rolle der Druckgraphik im Kunsttransfer deutlich wird. Solche Einzelmotive werden als Ausdruck der Verehrung ihres Erfinders und zum Zeichen der Kenntnis seines Werkes in eigene, neue und originelle Bildschöpfungen eingebunden.

Die teilweise makabren und von den üblichen Bildaufgaben abweichenden Bildwelten entfalten sich besonders im Medium der Druckgraphik, wo sich unabhängig von konkreten Wünschen potenzieller Auftraggeber und einer Bindung des Kunstwerks an einen bestimmten Ort, etwa zu Andachts- oder Repräsentationszwecken, ungewöhnliche Bildschöpfungen entwickeln und verbreiten lassen.

Das Konzept der Ausstellung sieht eine den Bildkategorien entsprechende Gliederung in verschiedene Objektgruppen vor, in denen einzelne Phänomene jeweils schlaglichtartig erhellt werden, so zum Beispiel: „Bizarrerien – Das Bild des Bösen“, „Im Zwischenreich – Tod und Auferstehung“, Anatomie – Wissenschaft und Kunst“, Vanitas – Die Eitelkeit alles Irdischen“ und „Hexenspuk – Hexenphantasien“.

Die Ausstellung umfasst ca. 70 Exponate sowohl aus eigenem Bestand als auch Leihgaben aus bedeutenden europäischen Sammlungen, der Albertina, Wien, dem Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin und der Staatsbibliothek Bamberg.

Zu der Ausstellung erscheint eine Begleitpublikation mit den Abbildungen aller Exponate, in der die Objekte erläutert und in einen größeren Kontext gestellt werden. Preis: 18 €.

Die Ausstellung in der Veste Coburg ist täglich von 9:30 – 17 Uhr geöffnet.