Nach einer Erzählung von Ludwig Bechstein
Ludwig Bechstein
Repro: Archiv Ulrich Göpfert
Um die Verbreitung des Thüringer Sagenschatzes machte sich Ludwig Bechstein (geboren am 24.11.1801 in Weimar) durch seine Forschungen und Sammlungen, wie durch eigene Dichtungen verdient. Bechstein starb am 14.05.1860 in Meiningen.
Wer kennt sie nicht die Redensart: "Wo der Hund begraben liegt!"
Diese Aussage ist vermutlich auf eine Volkssage, die von Ludwig Bechstein verfasst wurde zurückzuführen. Diese lautet vollständig: "Wo Stutzel der Hund begraben liegt". Im Dorf Winterstein am Fuß des Inselsberges, das früher von vielen Bergleuten bewohnt war, bestand früher ein Schloss, das die Herren von Wangenheim erbauten und lange Zeit besaßen.
Die von Wangenheim sind eine der ältesten Familien Thüringens, davon wurde Fritz von Wangenheim mit großen Ritterehren besonders genannt. Man sagt von ihm, dass er nie vor einem Feind zurückgewichen, geschweige denn geflohen sei. Von diesem Edelmann wurde der junge Landgraf Friedrich der Ernsthafte zum Ritter geschlagen.
Nahe bei der Ruine des Schlosses hinter einer Scheune am Abhang eines Hügels ragte aus dem Rasen halb eingesunken ein niedriger Grabstein empor, mit fast verlöschter Schrift, das Denkmal eines treuen Hundes. Diesen Hund besaß ein Jägermeister von Wangenheim, und nach ihm dessen Witwe, im siebzehnten Jahrhundert. Dieser Hund ging mit Briefen am Halsband ganz allein nach Friedenstein auf das Schloss zu der Landesherrschaft, und auch wieder zurück. Er leistete durch seine Treue den Besitzern vielen Nutzen.
Als er starb, war die Trauer seiner Herrin sehr groß. Sie ließ den Hund in einen Sarg legen, kleidete ihre ganze Dienerschaft schwarz, und stellte ein feierliches Leichenbegängnis an. Man erzählte in Winterstein, sie habe es erzwungen, dass der Hund auf dem Gottesacker beerdigt worden sei. Jedoch der Pfarrer und die Gemeinde hätten sich dieser Beerdigung widersetzt, deshalb wurde er dort wieder ausgegraben und an die jetzige Stelle gebracht und wieder verscharrt.
Deshalb soll sich im Ort das Sprichwort gebildet haben: "In Winterstein liegt der Hund begraben". Scherzhaft erzählten sich die Leute dort, die Herrin habe von ihrem Gesinde große Trauer, Weinen und Wehklagen über das Ableben des Hundes erwartet. Allerdings soll eine Köchin nicht dazu bereit gewesen sein, Tränen wegen des Hundes zu vergießen, deshalb habe sie auch kein Trauerkleid von ihrer Herrin erhalten. Als aber die Herrin in die Küche gekommen sei, wo die Köchin gerade Zwiebeln schnitt und davon ihr die Augen tränten, habe sie gesprochen: "Nicht wahr, nun weinst Du doch noch um den guten Stutzel" und hat auch ihr ein Trauerkleid geschenkt.
Auf dem Grabstein des Hundes soll folgende Inschrift gestanden haben:
"1650 war der Hund begraben, dass ihn nicht sollen fressen die Raben.
Stutzel war sein Name genannt, bei Fürsten und Herren wohl bekannt.
Wegen seiner Treu und Munterkeit, so er seinen Herrn und Frauen geweiht,
schickt man ihn hin nach Friedenstein, so lief er hurtig ganz allein.
Gut hat er seine Sache ausgericht` - darum hat er diesen Stein gekriegt".