Johann Andreas Eisenbarth war auch in Coburg
Wer kennt nicht das Lied „Ich bin der Doktor Eisenbarth, kurier die Leut`
nach meiner Art…?
Von Ulrich Göpfert
Johann Andreas Eisenbarth (Eysenbarth) wurde am 27. März 1663 in Oberviechtach geboren. Er erlernte wie sein Vater das Handwerk des Oculisten (=Augenarzt), Stein- und Bruchschneiders. Eisenbarth kam nach dem Tod seines Vaters 1673 zu seinem Schwager Alexander Biller nach Bamberg und erlernte dort diesen Beruf. Im Jahre 1684 legte er die Gehilfenprüfung ab. Anschließend kam Johann Andreas Eisenbarth in ein Kloster. Dort gefiel es ihm nicht und so verließ er das Kloster nach kurzer Zeit wieder. Er machte sich selbständig und reiste seit 1686 als Wundarzt durch die Lande. Zur damaligen Zeit war Wundarzt ein eigenständiges Handwerk. Der akademische Arzt war bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts nur für die innere Medizin zuständig. Eisenbarth machte durch erfolgreiche Heilungen auf sich aufmerksam. Auf Wochenmärkten praktizierte er und verkauft seine Wund- und Arzneimittel. Sein „Balsamischer Haupt-, Augen- und Gedächtnisspiritus“ ein Wunder-Tonikum gegen: Augenleiden, Kopfschmerzen, Ohrensausen, Schwindelgefühle etc., war ein richtiger Verkaufsschlager.
Auf diesen Reisen begleiteten ihn zu Werbezwecken Gaukler, Musiker und Tänzer. Teilweise war diese Truppe 120 Mann stark. Eisenbarth entwickelt eine Starnadel und einen Haken zur Entfernung von Nasenpolypen. Im Jahre 1703 erwarb Eisenbarth in Magdeburg das Wohn- und Brauhaus "Zum güldenen Apfel", in dem er auch seine Arzneimittel herstellen ließ. Aber er zog auch weiter durch das Land. 1716 wurde der Auftritt von Gauklern auf Jahrmärkten in Preußen verboten. Eisenbarth praktizierte in Gasthöfen und in vornehmen Häusern. Im Jahre 1717 erhält Eisenbarth von König Friedrich Wilhelm I. den Titel "Königlich preußischer Hofrat und Hofokultist" verliehen. Am 11. November 1727 starb Johannes Andreas Eisenbarth während eines Aufenthalts in Hann. Münden. 1837 wurde sein Grabstein in Münden zufällig wiederentdeckt. Um 1800 entstand das Lied vom Doktor Eisenbarth. In dem Spottlied wird das oftmals betrügerische Vorgehen von Wanderchirurgen auf die Person Eisenbarth übertragen. Der wissenschaftlichen Forschung ist es zu verdanken, dass der Ruf Eisenbarths als medizinische Kapazität wiederhergestellt wurde.
Aus einem Lesebuch von 1918
Es war am 12. Juni 1713, als sich ein stattlicher Wagenzug auf der alten Geleitstraße von Gräfenthal nach dem Gebirgskamm des Thüringer Waldes hinaufbewegte, den Rennsteig bei der „Kalten Küche“ kreuzte und dann über Judenbach den Weg nach der Ebene hinunter nahm. Von den gewöhnlichen Frachtfuhrwerken unterschied sich der Zug in bemerkenswerter Weise. Die Lastfuhrzeuge waren beladen mit eigenartigem Holz- und Balkenwerk, wie von einer wandernden Bühne. Musikgeräte waren dazwischen zu erkennen. Außer den Fuhrleuten lief eine größere Anzahl von Leuten neben den Karren und Wagen umher. Der Besitzer und Herr des ganzen Trosses, der selbst im ersten Wagen mitreiste, war Johann Andreas Eisenbart, der damals bekannte Wander- und Wunderheilkünstler. Er war kein wissenschaftlich gebildeter Arzt, sondern Wundarzt und Augenbehandler. Doch er hörte es gern, wenn die Leute ihn „Doktor“ nannten.
Bei der Ankunft in einem Ort pflegte Eisenbarth mit großem Prunk aufzuziehen.
Seine Dienerschaft musste auf dem Markt eine Bühne aufbauen.
Durch die grellen Töne einer eigenen Musikband…
2011 © Ulrich Göpfert
…sowie durch Gaukelspiel eigener Possenreißer wurde das Volk angelockt, um den Worten des großen Mannes zu lauschen und sich seiner Behandlung anzuvertrauen.
2011 © Ulrich Göpfert
Die Kunst marktschreierischer Anpreisung verstand Eisenbart vortrefflich. Herzog Johann Ernst von Sachsen verlieh ihm während seines Saalfelder Aufenthaltes einen besonderen Freibrief und erlaubte ihm nach vorheriger Anmeldung auch in Coburg aufzutreten.
Schon Anfang Juni 1713 war von Saalfeld aus die bevorstehende Ankunft Eisenbarths nach Coburg gemeldet worden mit der Anweisung, ihm keine Hindernisse zu bereiten. Als Eisenbarth am 13. Juni 1713 in Coburg eintraf, schlug er seine Bühne auf und begann sein Gewerbe auszuüben, jedoch ohne die lärmende Begleitung von Pauken und Trompeten, da ihm zur Bedingung gemacht worden war, in Coburg auf die Musik zu verzichten.
Er fand auch hier aus Stadt und Land massenweise Zulauf. Bei der damaligen einfachen Einteilung der Heilkunde in äußere und innere Krankheiten kamen alle Messereingriffe, auch die schwierigsten, dem Wundarzt zu, die Vornahme von inneren Behandlungen aber nur dem wissenschaftlich gebildeten Arzt. Gleich wie an anderen Orten, kehrte er sich auch in Coburg nicht an diese Beschränkungen, sondern griff zum Ärger der Ärzte und Apotheker in deren Gebiet über, indem er mit zahlreichen Apothekerwaren handelte, Arzneien bereitete und verkaufte und innerlich wie äußerlich Krankenbehandlungen vornahm.
Da nun außerdem in Coburg dem Wandervogel das Missgeschick begegnete, dass der Pfarrgehilfe Joachim Hildebrand von Sonnefeld, der sich von ihm innerlich hatte behandeln lassen, am 14. Juli verstarb und das Gerücht aufkam, dieser Todesfall sei infolge von Eisenbarths Arzneien eingetreten, so ist begreiflich, dass Beschwerden nicht ausblieben.
Am 19. Juli 1713 erhob der Apotheker Christoph Herzog in Coburg bei der Regierung entschiedenen Einspruch gegen das Auftreten des so genannten „Arztes“ Eisenbarth, weil dieser entgegen allen Ordnungen sowohl den Ärzten wie den Apothekern merklichen Schaden zufüge. Der Apotheker Herzog kam aber mit seiner Eingabe zu spät, denn Eisenbarth hatte unterdessen seine Bühne abgebrochen und war weiter gezogen, ehe die Beschwerde zur Erledigung gelangte.
Zum Abschluss meines Beitrages über Johann Andreas Eisenbarth das Volkslied das die Erinnerung an ihn durch die Jahrhunderte wach gehalten und viel zu seiner Volkstümlichkeit beitrug:
Ich bin der Doktor Eisenbarth!
Ich bin der Doktor Eisenbarth,
kurier die Leut' nach meiner Art.
Kann machen, dass die Blinden gehn,
und dass die Lahmen wieder sehn.
Zu Köln kuriert' ich einen Mann,
dass ihm das Blut in Strömen rann:
Er wollt' immun vor Pocken sein,
ich impft's ihm mit dem Bratspieß ein.
Des Pfarrers Sohn in Donauulm,
dem gab ich ein Pfund Opium;
Er schlief darauf die Tag und Nacht
und ist bis jetzt nicht aufgewacht.
Es hatt' ein Mann in Langensalz
'nen zentnerschweren Kropf am Hals;
Den schnürt' ich mit dem Heuseil zu
was denkst du wohl, der hat jetzt Ruh!
Zu Ems da nahm ich einem Weib
zehn Fuder Steine aus dem Leib;
Der letzte war ihr Leichenstein:
Sie wird jetzt wohl zufrieden sein.
Das ist die Art wie ich kurier,
sie ist probat, ich bürg dafür;
Dass jedes Mittel Wirkung tut,
schwör ich bei meinem Doktorhut.