Eine lustige Geschichte aus Oeslau (heute Stadt Rödental)
um die Zeit vor dem 1. Weltkrieg
Zwiebelrispen
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
Der Ernst war im Annawerk – wie man um die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg allgemeinverständlich sagte beim Geith – beschäftigt. Es gab seinerzeit noch keinen freien Sonnabend; jeden Werktag wurde von früh 6 Uhr bis abends 18 Uhr gearbeitet und die einstündige Mittagspause haben die Männer zum Ausruhen gebraucht.
Die Ehefrauen haben das eingesehen und die Mehrzahl hat „Essen getragen“, d. h. fertig gekochte Mittagessen in einem Blechgefäß in den Kantinenraum gebracht, wo sich die Männer während der Mittagspause meist aufhielten.
So hat es auch die Frau vom Ernst mit dem „Essen tragen“ gehandhabt. Sie waren noch nicht lange verheiratet, hatten ein Wohnhaus in der Schönfrauenstraße gebaut, und das Haushaltsgeld wirkte sich eben auch auf den inneren Wert des Mittagessens aus; na ja der Ernst war damit zufrieden. Nur eines Tages, als es Kakao mit Fettbrot gab, knurrte Ernst: „Wie schmeckt denn bloß der Kakao? Es künt`sn doch g`sei, ober der G`schmack!“
„Es hat schö sei Ordnung“, hat die Ernstin sich ereifert, „do is a Zwiebela dra, un mei Mutter hot gemät, a Zwiebela is an jed`n Assn gut. Der Ernst hat sein Lebtag keine großen Worte gemacht; sein Kommentar zu der Bescherung war nur: „Ach Drüm!“
Quellenhinweis: Kurt Schwarzdrossel