Billmuthausen
- Vom geschleiften Dorf im Heldburger Unterland
Ein Ort der dem Erdboden gleichgemacht wurde, der die Geschichte
des vergangenen Jahrhunderts widerspiegelt
Die Gedächtniskapelle Billmuthausen wurde im Jahr 2004 errichtet
Foto: © Ulrich Göpfert
Ein Regime, das Menschen zu "Ungeziefer" erklärt, erachtet auch eine über Jahrhunderte gewachsene Heimat und die kulturelle Identität der Bewohner als wertlos!
Wie menschenverachtend, wie erniedrigend die Säuberungsaktion der Grenzregion war, zeigt allein schon die zynische Bezeichnung der im Mai 1952 begonnenen Aktion "Ungeziefer". Und so, wie Ungeziefer, nicht wie Menschen, hat das SED-Regime die einst hier lebenden Menschen behandelt: frühmorgens mit Gewalt von Haus und Hof vertrieben, in einem entwürdigenden Transport ins Landesinnere verschleppt, in notdürftige unmenschliche Quartiere verfrachtet. Unter Strafandrohung wurde den Menschen verboten, je wieder ihre Heimat zu betreten. Keiner durfte darüber reden. Jeder Ausgesiedelte wurde von der Stasi überwacht. Ihr einziges "Verbrechen": sie lebten in der 5-Kilometer Sperrzone, sie wurden von den DDR-Machthabern einfach als politisch unzuverlässig erklärt und deshalb als gefährlich.
Foto: © Ulrich Göpfert
Billmuthausen (auch Billmuthhausen)
ist heute eine Gedenkstätte an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Sie liegt im äußersten Süden Thüringens im Landkreis Hildburghausen zwischen den Kleinstädten Bad Colberg-Heldburg in Thüringen und Bad Rodach in Bayern.
Die Geschichte des Ortes
1340 wird Billmuthausen erstmalig als Billmuthehusen erwähnt. Das Dorf war ein Rittergut, 1840 standen in Billmuthausen 14 Häuser, eine Schneid- und Mahlmühle und eine Kirche, um 1850 hatte das Dorf 68 Einwohner. Billmuthausen gehörte zum sächsischen Amt Heldburg.
Das Schicksal des Dorfes nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von seiner unmittelbaren Lage an der innerdeutschen Grenze bestimmt. Es lag in der 1952 von den DDR-Behörden geschaffenen Sperrzone. Im gleichen Jahr flüchteten sieben Billmuthäuser Familien mit 34 Personen und aller beweglichen Habe über die Grenze nach Bayern. Schon 1948 war auf Befehl der russischen Besatzungsmacht das 1836 erbaute Gutshaus abgerissen worden. 1961 wurden zwei Familien zwangsausgesiedelt. 1965 ordneten die Behörden den Abriss der Dorfkirche an, 1977 ließen sie die Mühle abreißen und verkündeten die vollständige Räumung des Dorfes. Die Grenzanlagen wurden mitten durch das Dorf gebaut. 1978 wurde die letzte Familie deportiert und das Dorf dem Erdboden gleichgemacht. Die Räumung des Friedhofs war geplant, wurde aber nicht vollzogen.
Ein 1994 gegründeter Förderverein Gedenkstätte Billmuthausen e.V. (Vorsitzender Dr. Elmar Weidenhaun, Hildburghausen) pflegt die Überreste der Dorfanlage, hat 1992 auf dem Friedhof einen Gedenkstein aufgestellt, 2004 eine Gedenkkapelle gebaut und ein Mahnkreuz errichtet. Der alte Transformatorenturm wurde rekonstruiert und der Dorfbrunnen wiedererrichtet.
Ein erhalten gebliebener Grenzwachturm wurde Naturfreunden überlassen,
die ihn als Fledermausquartier einrichteten
Foto: © Ulrich Göpfert
Zur Erinnerung an die Billmuthäuser Mühle ließ der Förderverein der Gedenkstätte im September 2005 einen drei Tonnen schweren Mühlstein aufstellen
Foto: © Ulrich Göpfert
Außerdem ist die Gedenkstätte durch drei neue Informationstafeln
erweitert worden
Foto: © Ulrich Göpfert
U.a. ist dieses Grab auf dem Friedhof noch vorhanden
Foto: © Ulrich Göpfert
Ein Blick in den Innenraum der Gedächtniskapelle Billmuthausen
Foto: © Ulrich Göpfert
Ein kleiner Einblick in den jetzigen Friedhof von Billmuthausen
Foto: © Ulrich Göpfert
Im Landkreis Hildburghausen erlitten zwei weitere Dörfer, Erlebach und Leitenhausen, dasselbe Schicksal.
Literatur zu diesem Thema von:
* Norbert Fuchs: Billmuthausen - Das verurteilte Dorf, Verlag Frankenschwelle, Hildburghausen, 1991
*Norbert Fuchs: Das Heldburger Land - ein historischer Reiseführer, Fiedler-Verlag, Coburg, 1994
*Förderverein Gedenkstätte Billmuthausen e.V.: Gedenkstätte Billmuthausen, Verlag Frankenschwelle, Hildburghausen, 2002
Quellenhinweis: Wikipedia