Porzellanikon Selb - Neue Sonderausstellung

Porzellanikon Selb - Neue Sonderausstellung
Wanderarbeit: Mensch – Mobilität – Migration
Vom 08. März bis 01. Juni 2014

Im Frühjahr, wenn der Spargel oder die Erdbeeren auf den Feldern zur Ernte anstehen, sieht man sie wieder: Kolonnen von Erntearbeitern, die von früh bis spät auf den Feldern arbeiten und in Wohnwagen leben, solange die Saison läuft. Die polnischen Wanderarbeiter stehen für ein Phänomen, das heute genauso wie in der Geschichte zu beobachten ist. Den Gründen und Folgen der Arbeitswanderung damals wie heute geht eine Ausstellung nach, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in seinem Ziegeleimuseum Lage 2013 konzipiert und präsentiert hat.

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Giovanni Martini als Eisverkäufer auf den Straßen Recklinghausens um 1910
Foto: 2014 ©Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Die Ausstellung „Wanderarbeit“ setzt acht historische Wanderberufe in Szene
und stellt ihnen sieben aktuelle Berufsfelder entgegen: Schäfer, Schausteller, lippische Ziegler, Scherenschleifer, ostwestfälische Heringsfänger, Amerikaauswanderer, italienische Eismacher, spanische Gastarbeiter – dies sind die klassischen Wanderarbeitsberufe in der Geschichte. Als Arbeitsmigranten heutiger Tagen werden Bauarbeiter, polnische Spargelstecher, rumänische Pflegekräfte, Pendler, Beschäftigte in Callcentern, Auswanderer und Flüchtlinge auf Lampedusa vorgestellt. Das Spektrum der Exponate reicht von historischen Schleiferkarren aus dem 19. Jahrhundert über das funktionsfähige Spielkarussell eines Schaustellers bis zu den angeschwemmten Habseligkeiten der Lampedusa-Flüchtlinge. Zu sehen ist auch der silberne Löffel, den der Ziegeleibesitzer dem Ziegler Christoph Friedrich Karl Schweppe für seine 25-jährige treue Arbeit in seiner Ziegelei schenkte.

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Eiscafé De Lorenzo, Witten, 1960er Jahre
Foto: 2014 ©Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Eins ist den Arbeitsmigranten damals wie heute gemeinsam:
Sie wandern, weil ihr Beruf es erfordert oder weil sie in der Heimat nicht genügend Arbeit finden. Neben wirtschaftlicher Not, Armut, Karriere oder der Lust auf Abenteuer und Veränderung spielt heute auch die Globalisierung des Arbeitsmarktes eine große Rolle. Willi Kulke: „Angebot und Nachfrage sind die hauptsächlichen Beweggründe, warum Menschen für ihre Arbeit den Wohnort oder das Land wechseln müssen. Sie werden damit zu dauerhaften oder temporären Wanderarbeitern.“

Im Mittelpunkt der 15 Ausstellungsbereiche stehen das Leben der Menschen
und die Folgen der Arbeitswanderung für die Gesellschaft. Jede Abteilung greift zentrale Begriffe wie Heimat, Fernweh, Heimweh, Aufbruch, Angst, Hoffnung, Sehnsucht, Mobilität, Einsamkeit, Fremde, Gemeinschaft, Flucht, Neubeginn, Abenteuer und Außenseiter auf und stellt sie in einen historischen und in einen aktuellen Zusammenhang.

Die Ausstellung stellt auch Fragen an die Zukunft:
Welche Folgen hat es für Familien und Freundschaften, wenn sich Arbeit weiter globalisiert? Was bedeutet die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren? Wird sich die Konkurrenz zwischen unterschiedlich bezahlten Arbeitskräften in Europa und Asien noch weiter verstärken? Konkurrieren die polnischen Erntehelfer bereits mit noch günstigeren Arbeitern aus der Ukraine oder aus Aserbaidschan? „Die Mobilität der Arbeit hat soziale und ökonomische Auswirkungen und bedeutet gleichzeitig den Verlust von Heimat, Sicherheit und langfristiger Lebensplanung. Die Folgen dieser Entwicklung tragen nicht nur die Beschäftigten selbst, sondern auch ihre Familien und ihr soziales Umfeld“, so der Museumsleiter aus Lage.

 „Wanderarbeit“ ist eine Ausstellung, die das Porzellanikon im Rahmen seiner Partnerschaft mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe übernimmt. Damit wird die jahrzehntelange enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit auch auf der Basis des nunmehr verstaatlichten Porzellanikons bekräftigt. Weitere Projekte sind in Arbeit.

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