Die geschundenen Männer

Die geschundenen Männer von Kronach 
Eine Sage aus Kronach


2013 © Ulrich Göpfert

Während des Dreißigjährigen Krieges, im Jahre 1632, belagerten die Schweden die Stadt Kronach lange Zeit, ohne sie einnehmen zu können.


2013 © Ulrich Göpfert

Die Einwohner verteidigten sich heldenhaft. Aber von Tag zu Tag wurde ihre Not größer, denn die Lebensmittel wurden immer knapper. Da erboten sich zwei Bürger, die Tarnkappen besaßen, den Schweden die Geschütze unbrauchbar zu machen, dass sie abziehen müssten.


2013 © Ulrich Göpfert

In der nächsten Nacht gingen sie an`s Werk. Als sie der Pförtner beim Stadttor hinausgelassen hatte, schritten sie, ohne gesehen zu werden, zwischen den schwedischen Posten hindurch. Bald kamen sie an die mächtigen Geschütze, die am Tage Stunde für Stunde ihre verderbenbringenden Geschosse in die Stadt warfen. Sogleich fingen sie an, eines nach dem andern zu vernageln.


2013 © Ulrich Göpfert

Als am anderen Morgen die Geschützmeister kamen, um die Beschießung wieder zu beginnen, sahen sie die Bescherung und meldeten dies sofort. Der kommandierende Offizier kam über diesen unerhörten Vorfall in große Wut und schob die Schuld den Posten wegen ihrer Unachtsamkeit zu. Beim Verhör sagten diese aus, dass sie zwar Schritte und das Hämmern gehört, aber niemanden gesehen hätten. Auch sei gegen Morgen höhnisches Lachen vernommen worden. Ihr Hauptmann sagte, dass dies leere Ausreden wären. Er ließ sie "Spießrutenlaufen" und sperrte sie bei Wasser und Brot ein.

 
2013 © Ulrich Göpfert

In der folgenden Nacht wurden die Posten verdoppelt. Selbst der General wachte mit. Wieder erklangen Hammerschläge, bald da, bald dort. Wenn die Schweden hinkamen, empfing sie schallendes Gelächter, sie hörten Schritte und fanden die Geschütze vernagelt. Der General war ratlos und überlegte sich schon, ob er nicht beim Schwedenkönig Gustav Adolf anfragen sollte, ob es nicht besser wäre, die Belagerung aufzuheben. Den Posten schenkte er die Arreststrafe und für die empfangenen Hiebe ließ er ihnen für einige Wochen doppeltes Essen und Trinken geben.

Am gleichen Tag meldete sich bei ihm ein Trossknecht, ein geborener Österreicher. Dieser erzählte: "Ich habe hellere Augen als andere Sterbliche, da ich in der heiligen Christnacht geboren bin. Ich war heute Nacht auch mit bei den Geschützen und sah gerade noch, wie zwei Kronacher auf die Stadt zugegangen sind. Die haben Tarn- oder Nebelkappen, die sie unsichtbar machen. Gebt mir Soldaten, dass wir sie heute kriegen."


2013 © Ulrich Göpfert

Für diese Nacht war alles vorbereitet. Bei jedem Geschütz lagen Soldaten im Hinterhalt. Gegen Mitternacht kamen die beiden Kronacher Bürger ahnungslos wieder. Aber kaum klangen ihre Hämmer an einem der Geschütze, da sprang auch schon der Österreicher, der sie hatte kommen sehen, hinzu und riß ihnen die Tarnkappen ab. Nun standen sie in ihrer wahren Gestalt unter den Feinden, die sie überwältigten und zum General schleppten.

Dieser ließ sie "stäupen", ihnen die Haut vom Scheitel bis zur Sohle abziehen und sie mit ihrer Haut über dem Arm in die Stadt zurück jagen. Blutüberströmt kamen sie bis zum Marktplatz, wo sie zusammenbrachen und starben. Zu Ehren und zum Gedenken dieser tapferen Bürger setzte der Fürstbischof der Stadt Kronach die geschundenen Männer in ihr Stadtwappen.

Quellenhinweis: Reichold, 1926

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