oder das "Lauterer Gericht" in Coburg
Auszüge aus den Jahrbüchern des Coburger Chronisten Philipp Carl Gottfried Karche
Buch: "Sagen in und um Coburg" - erschienen im Veste-Verlag Roßteutscher, Steingasse 16, 96450 Coburg
Titelbild des Buches: Veste-Verlag Coburg Roßteutscher über Sagen in und um Coburg - Katalog über das Strafrecht von 1746 - Bestrafungen in Coburg von 1510 - 1826
Eine, in der Bevölkerung, nicht so bekannte Richtstätte in Coburg war der "Rabenstein" oder auch das "Lauterer Gericht" genannt. Darüber berichtet der Coburger Chronist Karche aus dem Jahr 1766: "Rabenstein" ist eine alte volkstümliche Bezeichnung für "eine von Raben umschwärmte Richtstätte".
Für den "Coburger Rabenstein" war ursprünglich die Hut ausersehen. Doch der Scharfrichter bemerkte, "dass der Weg dorthin den armen Sündern zu beschwerlich seyn möchte". Wahrscheinlich aber wollte der Scharfrichter nicht den Berg zur Hut hinaufsteigen. Man bestimmte daraufhin als Standort des Rabensteines eine Stelle an der Straße nach Unterlauter, die zwischen dem jetzigen Bahnübergang und der Abzweigung der Lauterburgstraße lag.
Eine einfache Zeichnung im "Lindner Album" des Stadtarchivs Coburg zeigt das "Lauterer Gericht", wie der Rabenstein auch genannt wurde, ohne Galgen. Demnach wurden dort ab 1766 Hinrichtungen mit dem Schwert vollzogen, nachdem der Anger höchstwahrscheinlich dazu nicht mehr benutzt wurde. Auf der Abbildung ist ein großer gemauerter Klotz erkennbar, der auf die Bestimmung hinweist. Der Rabenstein an der Lauterer Straße wurde 1858 abgerissen. Der Bau einer Richtstätte galt einst als anrüchig. Um mit diesem schlechten Ruf nicht einen einzelnen Handwerker zu belasten, beauftragte man mit der Errichtung mehrere Zünfte und verband damit ein öffentliches Schauspiel. Vielleicht glaubte man dadurch dem Vorhaben die Anrüchigkeit zu nehmen.
Wie damals in Coburg gehandelt wurde, darüber berichtet der Chronist Karche (der Originaltext ist gekürzt wiedergegeben):
"den 28. April wurde der Rabenstein zu bauen angefangen. Die Handwerker zogen mit 50 Mann Soldaten, 2 Tambour und 1 Pfeifer hinaus zur erwähnten Richtstätte. Die Spitze des Zuges bildeten 15 Soldaten mit Leutnant Müller, denen der Zentgraf Motschmann zu Pferde sowie die Musici folgten. Dann kam der Obermeister Adolph Meyer mit einem 10 Schuh langen Maßstab, ihm folgten paarweise die übrigen 8 Meister, das Richtscheit unter dem linken Arm, den Maßstab in der Rechten, sowie die Gesellen und Lehrjungen. Es schlossen sich die restlichen Soldaten sowie die Schlosser und Schreiner an.
Der Zug ging vom Judentor, wo der Obermeister wohnte, zum Rathaus, wo das Spiel gerührt wurde. Am erwählten Richtplatz angekommen, konnte man wegen der großen Volksmenge nur einmal um jenen herum marschieren. Der Zentgraf hielt eine Rede, welche der Obermeister beantwortete. Dieser machte dann mit einem Zweispitz drei Hiebe in einen Stein und stach mit einer Haue ein Stück Rasen aus. Die Soldaten sowie die Musici zogen nun mit den Schlossern und Schreinern wieder in die Stadt, worauf die Maurer mit ihrer Arbeit anfingen.
Am 1. Mai früh waren sie fertig. Die Soldaten zogen mit Musik und den Schreinern und Schlossern, welche die Tür und das Schloß trugen, wieder zum Richtplatz. Als die Tür eingehängt war, hielt der Obermeister wieder eine Rede. Danach zogen alle in die Stadt.
Am Hause des Obermeisters ging der Zug auseinander. Dort tanzten anschließend die Meister mit ihren Weibern, während die Gesellen sich im "Schwarzen Bären" in der Spitalgasse vergnügten. Der Rabenstein kostete 75 fl.fr. und 2 Taler Trinkgeld. 10 Gulden "erschnürten" sich die Gesellen bei der Arbeit".
Bereits nach 5 Wochen wurde im "Lauterer Gericht" das erste Todesurteil vollzogen. Am 6. Juni 1766 enthauptete der Scharfrichter die Margarethe Müllerin, die Wirtsmagd von Meschenbach, wegen Kindesmord. Sie wurde in der Nähe der Richtstätte begraben.
Weitere Informationen
Veste-Verlag Roßteutscher,
Steingasse 16, 96450 Coburg
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Internet: www.veste-verlag.de
Zum Buch:
Sagen in und um Coburg
Seitenzahl: 144
ISBN: 978-3-925431-13-5