Schloss Rosenau und seine Geschichte

Schloss des Schweigens – Ein Traum aus vergangener Zeit

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Schloss Rosenau im Sommer
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Man könnte ihn Schloss Schweigen nennen, diesen alten, schönen Adelssitz draußen im Nordosten vor den Toren Coburgs, auf dem waldigen nach Süden offenen Hügel in der lieblichen parkähnlichen Landschaft des oberen Itzgrunds. So verträumt liegt er da im Schatten der altersgrauen Bäume, im Schmuck seiner Zinnen und seines wehrhaften Turmes. Wie ein Traum steigt es vor dem Wanderer auf, der die schöne alte, jetzt leider sehr gelichtete Kastanienallee von Wilhelmsfeld her sich dem Schlosse nähert: Ein Traum aus längst vergangenen Zeiten des Rittertums und der sehnsuchtsreichen Romantik, ein Stück Vergangenheit, das mit seinen stillen Mauern hineinragt in eine unruhevolle Gegenwart.

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Schloss Rosenau im Winter
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Schloss Schweigen könnte man es nennen, weil es jahrzehntelang leer stand, von keinem Menschen bewohnt. Einem Dornröschen gleich hat es lange Jahre geschlafen, seine stillen Räume hinter den Efeu umsponnenen Mauern bargen nur Möbel und Gegenstände aus fürstlichen Verlassenschaften. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges teilte es das Schicksal so vieler anderer Schlösser als Ruhesitz von Flüchtlingen und Altenheim.

Schweigen liegt, wie über den Schicksalen der letztvergangenen Jahrzehnte dieses Schlosses, auch über dessen Anfängen. Wann es erbaut wurde, steht in keinem verblichenen Pergament, ist in keiner alten Chronik zu lesen. Man hat wiederholt Schloss Rosenau und seine Anfänge mit dem ältesten Grundherrengeschlecht im Nordosten des Coburger Landes in Zusammenhang gebracht: mit den Grafen von Wolveswach, aus deren Schoße – als letzte männliche Sprossen – der Klostergründer von Mönchröden und Burggraf von Meißen, Graf Hermann, und sein Neffe gleichen Namens hervorgegangen sind. Hinweise in alten Aktenberichten, dass sich der Sitz der Herren von Wolveswach in der Nachbarschaft der beiden Dörfer Wohlsbach befunden habe, sind verschiedentlich auf die Rosenau gedeutet worden, jedoch mit Unrecht. Denn der Grund und Boden, über dem sich unser Schloss erhebt, ist – wenigstens im späteren Mittelalter – dem Benediktinerkloster Saalfeld lehenbar gewesen; wir sind daher zu der Annahme berechtigt, dass der Bezirk des Schlosses von alters her diesem Kloster zugehört habe und folglich aus dem Eigenbesitz der Königin Richeza von Polen hervorgegangen ist, deren Coburger Erbgut in der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts an das damals gegründete Kloster Saalfeld vergeben wurde. So mag also auch der Grund und Boden, auf dem später das Schloss Rosenau erbaut wurde, gleich der Veste und der nachmaligen Stadt Coburg, dem uralten Meierhof Mirsdorf oben auf der Höhe der Langen Berge und anderen Orten des Coburger Landes ursprünglich Eigentum der Krone, Reichsgut im Besitz der alten Sachsenkaiser gewesen sein. Ein Schloss oder irgendeine Befestigung hat der Hügel der „Rosenau“ zu jener frühen Zeit wohl kaum getragen. Der Berg im Norden des Dorfes Oberwohlsbach, auf dem sich ein Jahrhundert später die Lauterburg urkundlich feststellen lässt, eignete sich, seiner Lage entsprechend, viel besser zum Bau eines festen Platzes, der Mittelpunkt einer größeren Grundherrschaft und Wehranlage zugleich sein konnten.

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Springbrunnen im Innenhof Schloss Rosena
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

So mag unser Schlösschen tatsächlich erst im hohen Mittelalter entstanden sein, in einer Zeit, in der nach dem Untergang vieler einzelner Grundherrschaften der Ausbau einer großen einheitlichen Landesherrschaft bereits erfolgt war. Es mag gebaut worden sein als einfacher, allerdings nicht unbefestigter Landsitz eines heimischen Adelsgeschlechtes, das hier inmitten seiner bäuerlichen Lehenshintersassen einen wirtschaftlichen Mittelpunkt und Wohnsitz fand.

Mutmaßliche Erbauer dieses Sitzes waren die alten Münzmeister der Stadt Coburg, die als Betreuer der landesherrschaftlichen Münze in der Stadt seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts urkundlich nachweisbar sind und sich drinnen in der Altstadt als älteste Wohnung das Haus Ketschengasse 7 mit dem Torbogen nach der Neugasse errichtet hatten. Das Geschlecht war im Laufe des 14. Jahrhunderts zu Besitz und Ansehen gekommen und hatte auch außerhalb der Stadt sich bald Grund und Boden erworben. Freilich Missheiraten führten am Ende des Jahrhunderts einen gewissen Niedergang der alten Familie herbei, die seit Anfang ihres Bestehens ihren Begräbnisplatz, gleich vielen andern vornehmen Sippen des Landes, im Kloster der Franziskaner hatte. Das Dunkel, das über der älteren Geschichte der Münzmeister lagert, und der gesellschaftliche Fluch, der sie infolge der Missheiraten einiger Mitglieder bedrückte, wird durch einen kaiserlichen Machtspruch vom Jahre 1434 gelöst: „Heinz und Günther Gebrüder, und ihr Vetter Contz, die man etliche Zeit her genannt hat die Münzmeister“, erhielten für sich und ihre männlichen und weiblichen Leibeserben von neuem die Erlaubnis, „den alten Namen von Rosenau wieder zu führen, den sie vorher gehabt hatten“.

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Rosenauschlösschen am Rittersteich in Coburg
Repro: Ulrich Göpfert

Ein Jahr später erbauten die beiden vorgenannten Brüder Heinz und Günther gleichsam als Symbol für die wiederhergestellte Familienehre, auf ererbtem Besitz das feste Haus am Rittersteich zu Coburg, wie die alte Inschrift an jenem Gebäude besagt. Ob diese beiden Angehörigen des Geschlechts von Rosenau auch die Bauherrn unseres Schlösschen gewesen sind, steht dahin, Tatsache ist, dass unsere Rosenau zum ersten Male in einem Kloster Saalfelder Lehensbrief vom Jahre 1451 im Besitze des gleichnamigen Geschlechtes genannt wird. Es hat den Anschein, als ob mit dem Bau der beiden Sitze vor den Toren der Stadt Coburg ein unerhörter Aufstieg der Familie beginnt. War schon der Großvater der beiden Brüder, Heinz Münzmeister der Ältere, um die Mitte des 14. Jahrhunderts eine geachtete Persönlichkeit, bei dem der junge Markgraf Friedrich der Strenge von Meißen anlässlich der Übernahme der hiesigen Lande in seinen Besitz wohnte , so verstanden es Heinz der Jüngere und sein Bruder Günther in viel erheblicherem Maße, sich das Ansehen zu bewahren. Ihren Grundbesitz vermehrten sie auf glückliche Weise, der Morizkirche und dem Barfüßerkloster zu Coburg vermachten sie reiche Stiftungen.

Am Ende des 15. Jahrhunderts, im Jahre 1484, versteuert der in den Ritterstand erhobene Oswald von Rosenau, wohl der reichste Bürger Coburgs der damaligen Zeit, bei seinem Wegzug ein Vermögen von 25 000 fl. Schloss und Dorf Mitwitz gehörten damals der Familie, der riesige Lichtenfelser Forst war ihr verpfändet, das Amt Neuhaus-Schierschnitz in Südthüringen mit zwölf zugehörigen Dörfern war von ihr erkauft worden. Gauerstadt und Eichhof hatten sie aus Mönchrödener Klosterbesitz und Schloss Oeslau aus Saalfelder Obereigentum zu Lehen. Hinzu kommt im Anfang des 16. Jahrhunderts Schloss und Dorf Ahorn, das die Rosenauer von den Herren von Lichtenstein erworben hatten, ferner eine Unmenge von Streubesitz in vielen Dörfern des Coburger Landes und seiner näheren und weiteren Umgebung.

Der Reichtum, der der Familie zuteilwird, ermöglicht ihr die Ausführung großer Baupläne. Wohl in allen Orten und Schlössern, die einst denen von Rosenau gehört haben, sind damals Bauwerke errichtet worden in Mitwitz wie in Ahorn, auf der Rosenau wie in Gauerstadt und Oeslau, sowie in Neuhaus bei Schierschnitz. Das Geschlecht sitzt um 1500 auf zahlreichen Schlössern und Burgen der ganzen Gegend, und immer wieder begegnen wir bei unseren Wanderungen draußen in den Dorfkirchen Rosenauer Grabsteinen. In der Zeit der großen geistigen Revolution des 16. Jahrhunderts ist der Domherr von Bamberg und Pfarrer von Altenbanz, Sylvester von Rosenau, ein Freund Luthers und Melanchthons, ein hochgebildeter Mann, der 1531 seine Domherrenpfründe aufgibt, sich seinem evangelischen Landesherrn, dem Kurfürsten von Sachsen, zur Verfügung stellt und wenig später in seiner Coburger Heimat die Kirchenvisitation durchführt. Mit seinem Sohne Berthold beginnt allerdings der Niedergang der Familie. Das wilde Blut einer bewegten Zeit rollt in seinen Adern, er gleicht einer Junkergestalt aus den Zeiten des Faustrechtes, rücksichtslos und hitzig, verschlagen und verwegen, „gottlos“, wie ihn ein altes Archivdokument nennt, der Letzte eines großen Zweiges seinen Geschlechtes. Ein Besitztum nach dem andern geht noch zu seinen Lebzeiten der Familie verloren. Er selbst muss Oeslau und die Rosenau an den Herzog Johann Casimir verkaufen, sein Vetter Hans Ernst sieht sich zur Veräußerung von Ahorn, Scheuerfeld und Eichhof gezwungen. Was übrig bleibt an altem Geschlechtsbesitz, wird in den Stürmen des Dreißigjährigen Krieges verwüstet. Noch einmal geling es zwar, das alte Stammgut für das Geschlecht zurück zu gewinnen. Adam Alexander von Rosenau ist es, der es der Familie wieder zuführt und dessen in Stein gehauenes Bildnis noch heute am rückwärtigen Eingang zum Marmorsaal des Schlosses zu sehen ist. Aber auf ihm und seinen Besitznachfolgern aus der Familie ruht der Fluch des Verbrechens. Der Sage nach soll jener Adam Alexander seinen eigenen Bruder auf der Jagd erschossen haben und im Jahre 1698 stirbt in den Mauern der Rosenau Hans Valtin an Gift , das ihm wahrscheinlich von seinem Schwiegersohn beigebracht worden war, der das fünfzehnjährige Töchterchen zwangsweise heiraten musste und nach der Untat plötzlich verschwunden ist. Damit ist das Ende jenes einst so stolzen und reichen Geschlechtes derer von Rosenau auf diesem ihrem Stammschloss besiegelt.

Nur noch zwei Seitenlinien der Familie fristeten in Ketschenbach bei Neustadt und in Schwärzdorf bei Sonneberg einige Jahrzehnte ihr Leben, dann verschwinden auch deren Abkömmlinge aus unserem Lande, und gegen Ende des 18. Jahrhunderts scheinen die von Rosenau fern der alten Heimat des Geschlechtes ganz ausgestorben zu sein.

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Schloss Rosenau im Winterkleid
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Das Schloss aber fiel nach jenem Verbrechen von 1698 der Landesherrschaft anheim, die es dem Geheimen Hof- und Regierungsrat Ferdinand Adam Freiherrn von Pernau verlieh. Dieser, einem alten Tiroler-Niederösterreichischen Geschlecht entstammend, das seines evangelischen Bekenntnisses halber aus der Heimat vertrieben worden war, hat sich als Vogelkundler einen Namen gemacht, war in seiner Jugend in Frankreich und Holland gewesen und gehörte dem berühmten Pegnesischen Blumenorden in Nürnberg als Mitglied an.

Er war ein stiller und bescheidener Gelehrter, der seine zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten anonym erscheinen ließ und in dem abgeschiedenen Schlösschen ein zurückgezogenes Leben führte. Kinderlos verheiratet, entschlief er hier 1731 und wurde in der Kirche zu Unterlauter beigesetzt, in der heute noch sein Grabstein zu sehen ist. Sein Besitztum wurde als herzogliches Kammergut eingezogen und fiel nach Beendigung des so genannten Sachsen-Coburg-Römhildschen Erbfolgestreites an das Haus Gotha, bei dem es bis zum Jahre 1805 verblieb.

Herzog Franz, der Kunstsammler, erwarb es für die Coburg-Saalfelder-Linie der wettinischen Ernestiner zurück. Unter seinem Sohn, Herzog Ernst I., erwachte die alte Rosenau zu neuem Leben. Sie wurde als herrschaftlicher Sommersitz ausgebaut. Kein Geringerer als der preußische Hofbaumeister Schinckel, der gleichzeitig mit der Erstellung der Neubaupläne für die Ehrenburg in Coburg beauftragt wurde, sollte auch den Wiederaufbau der Rosenau leiten. Jedoch kam dieses Vorhaben nicht zustande, aber noch ist der Schinckelsche Entwurf zur völligen Neugestaltung der Rosenau erhalten geblieben. Wer mit der Durchführung des Um- und Neubaus betraut wurde, ist noch nicht geklärt, am Äußeren des Baues scheint bis auf die Giebelzinnen nicht allzu viel verändert worden zu sein. Dagegen wurde das Innere einer gründlichen Erneuerung unterzogen. Der Marmorsaal, der in den vorausgegangenen Jahren als Holzstall gedient hatte, erhielt eine prächtige Bemalung und Ausstattung. Die Wohnräume wurden mit neuem Mobiliar und zum Teil mit Wandmalereien versehen, bei deren Herstellung die Fürstin Victoire von Leiningen, eine Schwester des Herzogs, die später die Mutter der Königin von England wurde, und ihr Hofmaler Eckardt mitwirkten.

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Auch der Park wurde damals wohl schon in der heute
noch sichtbaren Form angelegt mit den herrlichen Baumgruppen...
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

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...dem verschwiegenen Teich...
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

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...und den romantischen Felspartien, über die einst ein
künstlicher Wasserfall sich Itzwärts ergoss
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

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Turniersäule/Sonnenuhr im Park Schloss Rosenau
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Schloss und Park sahen im zweiten und dritten Jahrzehnt des vorletzten Jahrhunderts manches Fest, an dem nicht nur die Hofgesellschaft beteiligt war, sondern auch die gesamte Bevölkerung der umliegenden Ortschaften als Gäste des Herzoghauses.

Bereits vor den Befreiungskriegen wurde das Schloss bezogen und später der blutjungen Herzogin Luise als Wohnsitz angewiesen, die sich in ihren Briefen immer wieder entzückt über die Lieblichkeit und Anmut des Schlosses und seiner Lage äußert. Hier in diesen Mauern wurde am 26. August 1819 Prinz Albert geboren, das zweite Kind seiner Eltern.

„Um 6 Uhr morgens sah ein gesundes Bübchen mit ein paar munteren Augen in die Welt“, wie die glückliche Mutter ein paar Tage später schrieb. Die Hebamme Siebold, die der Herzogin in ihrer schweren Stunde beigestanden hatte, war durch halb Europa von einer ähnlichen Dienstleistung im Kensington Palace in London herbeigeeilt, wo sie der kleinen Prinzessin Victoria am 24. Mai des gleichen Jahres 1819 in die Welt geholfen hatte. Das Glück, das die Mutter und die Großmutter, die Herzogin-Witwe Auguste, über die Geburt des kleinen Erdenbürgers empfanden, spiegelt sich in vielen Briefen jener Tage und Wochen wider. Ganz stolz berichtet Luise ihrer Jugendfreundin Auguste von Studnitz: „Du solltest ihn sehen, er ist hübsch wie ein Engel, hat große und blaue Augen, eine schöne Nase, ein ganz kleines Mündchen und Grübchen in den Wangen. Er ist freundlich und lächelt beständig und ist so groß, dass ein Mützchen, welches Ernst mit drei Monaten trug, ihm fast zu klein ist, und er ist doch erst sieben Wochen alt.“

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Gemälde Turnierfest auf den Wiesen vor Schloss Rosenau
Repro: 2015 Ulrich Göpfert

Im Marmorsaal der Rosenau wurde der junge Prinz am 19. September getauft. Der stille Landsitz schien ein Hort heitersten Familienglückes geworden zu sein. Zu Ehren der jungen Mutter veranstaltete der Herzog in den Räumen des Schlosses und auf den weiten Wiesenflächen am Fuße des Hügels ein Fest nach dem andern. Ritter- und Turnierspiele, nach dem Muster solcher historischen Veranstaltungen, die auf dem Wiener Kongress wenige Jahre vorher viel Beifall gefunden hatten, sowie ländliche Veranstaltungen zur Erntezeit lösten einander ab. Das Mittelalter wurde wieder lebendig mit den Maskengestalten der alten heimischen Ritter, und den Festabenden schlugen im Marmorsaal die Wogen der Lebensfreude den Takt zu den Klängen berauschender Musik.

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Türmchen auf Schloss Rosenau
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Aber dem glücklichen Idyll auf der Rosenau war keine lange Dauer beschieden. Die junge, wenig erfahrene Herzogin Luise wurde in ein Liebes- und Intrigenspiel der Hofgesellschaft verstrickt und verließ das Schlösschen, begleitet von der herzoglichen Anteilnahme und treuen Gesinnung ihrer Untertanen aus Stadt und Land. Nach Jahren wurde die einst so verheißungsvoll begonnene Ehe geschieden.

Der junge Prinz aber, der hier den ersten Schrei getan hatte, verlebt in diesen Mauern und im benachbarten Oeslau zusammen mit seinem Bruder Ernst ungetrübte Jahre der Jugendzeit. Er wurde später – am 10. Februar 1840 – seiner Base Victoria, die wenige Monate älter und von der gleichen Hebamme wie er ins Leben gerufen worden war, angetraut. Bei seinen vielen Besuchen in Coburg hat das englische Herrscherpaar stets auch der Rosenau gedacht und sie besucht. Ja selbst als die „Queen“ schon Witwe geworden war, hat sie bei keinem ihrer nachmaligen Aufenthalte in unserer Stadt versäumt, auf der Rosenau des „geliebten Prinzen“, wie sie ihren Gemahl immer wieder nennt, zu gedenken.

Seit der Vermählung des Prinzgemahls Albert mit der Königin Victoria von Großbritannien und Irland war es auf Schloss Rosenau wieder stiller geworden. Die Feste die der Vater, Herzog Ernst I., so gern hier veranstaltet hat, waren verrauscht, die heiteren Klänge höfischer Fröhlichkeit und Lebensfreude verklungen. Das junge Coburger Herzogspaar, Ernst II. und Alexandrine, hatte seinen Sommerwohnsitz auf Schloss Callenberg genommen und kam nur zu gelegentlichen kurzen Aufenthalten nach der alten Rosenau, die nun wieder in einen Dornröschenschlaf versank.

Erst der neue Thronanwärter, Herzog Alfred von Edinburg, ein Sohn der „Queen“ und des Prinzgemahls, erweckte sie nochmals zu neuem Leben. Sie wurde wieder – neben dem Palais am Schlossplatz in Coburg – Wohnsitz einer fürstlichen Familie, der sich namentlich bei den Kindern des Ehepaares großer Beliebtheit erfreute. Das Turmzimmer oben am Dachboden mit seinen drei Fensternischen wurde in der Fantasie der drei Mädchen Maria, Victoria Melitta und Alexandra zu einem richtigen Märchenzimmer. Der Dachboden selbst war der Hauptspielplatz. Marie, die spätere Königin von Rumänien, schildert ihn in ihren Erinnerungen: „Er war sehr groß und hoch und in seiner ewigen Dämmerung tummelten sich Fledermäuse. Tagsüber hingen die spukhaften Geschöpfe in Reihen von den Dachsparren herunter wie abscheuliche schwarze Blumen mit welken Blättern. Wenn wir bei wilden Spielen ihre entlegenen Regionen streiften, erwachten die dämonischen Wesen zum Leben, entfalteten ihre feuchten Flügel und schlugen sie geräuschlos um sich. Es war echt ungemütlich, sie in der Nähe des Gesichts zu spüren. Diese schwarzen Dämonen gaben unseren unheimlichen Expeditionen die letzte Würze, sie steigerten mit ihrer vampirartigen Gegenwart die gespenstische Atmosphäre jenes halbdunklen Raumes.“

In Spiel und Ernst erlebten hier die Kinder des Prinzen und Herzogs Alfred und der Großfürstin Marie von Russland ihre Kindertage. Wie ein romantisches Märchen klingt in der Erinnerung der Königin Maria die ungestillte Liebe eines Gärtnerburschen zu ihr auf. Aber dann bricht das Kinderidyll auf der Rosenau jäh ab. Der Vater, Herzog Alfred, sollte hier einer heimtückischen Krankheit erliegen. Seine Witwe erkor sich die Rosenau als Witwensitz.

Nach dem unglücklichen Ausgang des Ersten Weltkrieges 1918 hat auch die Rosenau aufgehört, fürstliche Wohnung zu sein. Die Coburger Landesstiftung trat das Erbe der vormaligen Herzöge an und wurde zur Verwalterin des Schlosses bestimmt.

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Aufgang zum Schloss Rosenau
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert

Den Kindern des vorletzten Herzogspaares, die hier einst die frohen Tage der Jugendzeit erlebt hatten, wurde zunächst noch die Rosenau zur Aufbewahrung von Möbeln und anderen Nachlassgegenständen zugesprochen. In den Jahren nach dem Krieg ist wohl die eine oder andere Tochter Herzog Alfreds gelegentlich zu kurzem Besuch im Schloss Rosenau gewesen, aber auch diese Erinnerungsbesuche wurden immer kürzer und seltener und unterblieben schließlich ganz.

Das Schloss war wieder in den Märchenschlaf zurückgesunken.

Nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele leidgeprüften Menschen hier eine neue Heimstätte gefunden und der einstige Rittersitz vermittelte ihnen das Gefühl des Geborgenseins und des inneren Friedens, den die menschliche Seele braucht und den das Schloss und die umgebende Natur ausstrahlt.

Heute ist das Schloss Rosenau wieder den Besuchern zugänglich und kann mit Führung besucht werden. Nähere Einzelheiten entnehmen Sie bitte den Informationen am Ende des Beitrages.

Quellenhinweis: Dr. Walther Heins

Informationen:
Schloss und Park Rosenau,
Rosenau, 4 96472 Stadt Rödental
Tel. 09563 – 30 84-10
Fax: 09563 – 30 84-29
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