Ein Coburger Original
Was wäre eine Stadt oder ein Dorf ohne seine Originale? Alexander Otto war so ein Original in Coburg. Unter seinem richtigen Namen war er den wenigsten bekannt, aber wenn man vom Gurken-Alex sprach, wussten alle gleich Bescheid.
Der Gurken Alex
In der Herrngasse steht sein Denkmal
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
Wer war dieser Mann?
Ich kann mich noch gut an ihn erinnern. Als Kind traf ich ihn manchmal auf der Bahn, diesen kleinen, grauhaarigen Mann mit den kurzen Beinen und dem hageren Oberkörper. Da fuhr er mit seinem Salzgurken-Eimer und der Holzzange von Coburg aus in eine der umliegenden Ortschaften, um auf Volks- oder bei Kirchweihfesten seine "Kümmerlinge“ an den Mann bzw. die Frau zu bringen.
Bereits im Zug hat er mit dem Verkauf seiner "Kümmerlinge“ begonnen. Und mancher Fahrgast, meistens waren es Berufstätige, die zur Arbeit fuhren, haben einen seiner "Kümmerlinge“ gekauft. Auf der Nase trug er eine Brille mit sehr starken Gläsern und ein Paar wache Augen schauten heraus. Sie musterten zurückhaltend die Umgebung. Wurde er von den Fahrgästen in ein Gespräch verwickelt, so antwortete er schlagfertig und gab erstaunliche Lebensweisheiten von sich.
Im Jahre 1884 wurde er in Coburg geboren. Später hatte er den Beruf des Buchbinders erlernt, was sicher seine Liebe zu allem Gedruckten erklärt. Dass er diesen Beruf nicht treu blieb, mag vielleicht an seinem schlechten Sehvermögen gelegen haben. Geklagt hat er darüber nie, sondern tapfer den Bauchladen genommen und Schnürsenkel und Wunderkerzen verkauft, später dann eben die Gurken.
Vielleicht hing auch dieser Wechsel im Sortiment mit seiner Sehkraft zusammen, die zusehends nachließ. Seine Mitbürger interessierten sich dafür nicht, hatten sie doch ein Original, das sich belächeln ließ und die eigene Vollkommenheit so recht zur Geltung brachte. Der Gurken-Alex zog von Volksfest zu Volksfest und, wenn die Saison zu Ende ging, auch von Gasthaus zu Gasthaus. Nebenbei betreute er seine alte Mutter bis zu deren Tod, ohne sich selbst betreuen zu lassen. Er war zu stolz, um Fürsorge in Anspruch zu nehmen. Zu seinen bescheidenen Freuden gehörte das Skatspielen. Hier wurde ihm eine kleine Anerkennung zuteil, als er zum Vorsitzenden des Preisskatclubs gewählt wurde.
Bei einer Landestheater-Revue erntete er tosenden Beifall, als er in seiner Lebensrolle, als Gurken-Alex, auftrat. Dies waren sicher Höhepunkte seines Lebens. Alex Otto, genannt der Gurken-Alex, starb am 23. März 1960. Als posthume Würdigung wurde ihm am 18. April 1986 in der Herrngasse ein Denkmal gesetzt, um damit einen Menschen zu würdigen, der trotz äußerer Benachteiligung ein schweres Leben klaglos und selbständig meisterte.
Quellenhinweis: Eckerlein, Coburg