Heuernte in früherer Zeit

Ein alter Bauernspruch sagt: "Unter einem Fuder Heu erstickt keine Maus“

Die Heuernte begann damals sehr spät im Jahreslauf. Bis zum 23. April (dem Georgentag) durften die Schäfer auf den früher ungedüngten, höchstens im Frühjahr mit etwas langstrohigem Mist bestreuten Wiesen hüten.

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Ein Heuwagen von Pferden gezogen wird beladen
Repro: Archiv Ulrich Göpfert

Die Heumahd wurde Mitte Juni, oft erst auch nach Johanni (24. Juni) aufgenommen. Da ging der Bauer mit seinen Leuten, ausgerüstet mit der Sense auf dem Rücken und das hölzerne Wetzfass mit Wetzstein im Schürzenbändel, zeitig schon in der Frühe um drei Uhr auf die Wiese zum Mähen. Die Wiesengänger waren nüchtern, denn die kleine Magd brachte das Frühstücksessen erst gegen sieben Uhr morgens, wenn sie ihre Stallarbeit erledigt hatte. Da waren in einem Korb rohes geräuchertes Fleisch, auch gekochte Eier, Brot und Malzkaffee für die Brotzeitpause, die allerdings nur kurz gehalten wurde. Das von der Magd mitgebrachte Bier wurde erst getrunken, wenn das Mähgeschäft, so gegen neun Uhr, beendet war.

Sechs Stunden, mit kurzer Unterbrechung der Esspause, wurde gemäht. Die Mäher schritten einer hinter dem anderen. Für die jungen Leute, die noch wenig Erfahrung im Mähen hatten, war das wohl sehr anstrengend, man kann drastisch sagen eine große "Schinderei“, weil der beste Mäher das Tempo bestimmte und die anderen sich nach ihm richten mussten. Es galt zudem als Schande, von einem anderen Mäher überrundet zu werden. Man brauchte doch auch eine gewisse Zeit, seine Sense zu wetzen. Freudig wurde nach so viel Mühe die Magd oder die Person begrüßt, die das Essen für die Mähleute brachte.

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Mutter und Tochter bei der Heuernte
Repro: Archiv Ulrich Göpfert

Doch für die "Essenbringer“ gab es schon gleich eine Arbeit. Sie mussten die liegenden "Grasmahden“ ausbreiten. Das "Heugras“ wurde im Tageslauf mit dem Rechen mehrmals gewendet, in der Bauernsprache heißt es "umgeschlagen“. Am Abend machte man kleine Heuhaufen ("Rangen“). Man nannte diesen Arbeitsgang "das Gras aufheuen“. Am anderen Tag wurden diese Grasrangen auf die tautrockene, gemähte Wiese wieder gestreut, im Laufe des Tages wurde das liegende Gras mehrmals "umgeschlagen“ und abends wieder zu Rangen“ gehäuft. Dasselbe geschah am folgenden Tag mit dem bereits trockenen Gras nochmals. Die abends geschichteten "Heuhaufen“ waren jetzt schon bedeutend größer. Wenn das Heu zur Einfahrt geeignet war, brachte der Bauer oder Großknecht mit Pferden zwei zusammengehängte Leiterwagen auf die Wiese. Dabei waren auch die großen dreizinkigen Heugabeln und ein Heu- oder Wiesenbaum.

Die auf der Wiese Arbeitenden waren mit ihrer Tätigkeit bereits fertig, und nun konnte gleich das Aufladen beginnen. Beim Beladen stand ein Mann auf dem Wagen und legte die ihm zu gespießten Heuschübel "fachgerecht“ hin. Die Kinder mussten nachrechen. Auf die hochbeladene Fuhre legte man den hinten und vorne mit Seilen festgezogenen Wiesbaum, der das Heu zusammendrückte und den "Heuberg“ zusammenhielt. Die Fuhre wurde nochmals sauber abgerecht, sie sollte auch eine schöne, gerade Ladung sein. "Krumme Fuhren“ wurden belacht, und der Fuhrknecht war froh, wenn er möglichst ungesehen die Scheune erreicht hatte.

Nach dem Beladen der Fuhren mussten zuerst noch die anderen Wiesen umgeschlagen und aufgeheut werden. Erst dann konnte man die Fuhren zu Hause abladen. Das war kraftfordernde Gabelarbeit. Dann mussten die Frauen und Kinder das Heu auf dem Heustock festtreten. Das Herumtrampeln auf dem warmen Heu in der Scheune bei der großen Hitze war natürlich mühevoll, eine unbeliebte Tätigkeit und ließ den Schweiß rinnen.

Die Tage der Heumahd sollten angefüllt sein mit Himmelblau und Sonnenschein. Bei beständigem und schönem Wetter konnte man das Heu in 14 Tagen einbringen. Allerdings musste täglich gemäht und heimgefahren werden. Es waren meist einige Wiesen gleichzeitig zu bearbeiten. Das bedeutete Stress und Hetze für die Bediensteten. Bei schlechtem und ungünstigen Wetter dauerte das "Heugeschäft“ vier Wochen und oft noch länger. Wiesen, die in Flußgründen lagen, wurden bei auftretendem Hochwasser zuweilen überschwemmt, das Heu wurde verunreinigt und unbrauchbar gemacht. Das bei schlechtem Wetter schon angedörrte, aber durchnässte Heu wurde auf so genannte Heuböcke gehängt. Damit war es vom Boden weg, aber dies war eine zeit- und arbeitsaufwendige Tätigkeit.

Schlimm war es, wenn die Heuarbeiten von einem herannahenden Gewitter gestört wurden. Der oft einsetzende mächtige Wind behinderte die Ladearbeiten, und der nachfolgende Regen machte die ganze vorige Arbeit nutzlos. Die Heuernte brachte für das bäuerliche Landvolk von einst insgesamt eine übergroße Hetze mit sich. Der folgende Bauernspruch beinhaltet dies: "Wer in der Heuernte nicht gabelt, in der Getreideernte nicht zappelt und nicht früh genug aufsteht, der kann schau`n, wie`s ihm im Winter geht“. Ein anderer, aber wahrer Ausspruch besagt: "Früh auf und spät nieder, friss schnell und lauf wieder“! Erst die später einsetzende Mechanisierung brachte eine wesentliche Erleichterung der Heuarbeit.

Eine Anzahl Volksbräuche, die auch unsere bäuerlichen Vorfahren kannten, begleiten die Heuernte:

So sollen die Zinken der Rechen niemals nach oben auf die Wiese gelegt werden, weil das nach altem Volksglauben böse Unwetter herführt. Das gleiche Unheil kann entstehen, wenn die Rechen während der Heuernte in fließendes Wasser getaucht werden.

Schließlich gilt eine Reihe alter Bauernsprüche, die auf die Heuernte hinweisen:

"Jeder macht Heu, solange die Sonne scheint“.
"Auch mit dem größten Fuder kann man einen Verleumder nicht das Maul stopfen“.
 "Wenn kein Heu mehr in der Raufe ist, schlagen sich die Esel“.
"Unter einem Fuder Heu erstickt keine Maus“.
"Was man am Heu spart, muß man an der Peitsche zulegen“.
"Man soll das alte Heu nicht eher verkaufen, bis man neues hat“.

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