Ein Mundartgedicht zur Weihnachtszeit
von unserem unvergessenen Coburger Mundartpoeten Georg Eckerlein
Georg Eckerlein
Repro: Ulrich Göpfert
Georg Eckerlein, bekannt als "Coburger Schursch", wurde am 5. September 1874 in Coburg, Judengasse 48 geboren. In seinem Geburtshaus wo er bald 66 Jahre gelebt und gewirkt hat, ist er am 5. Juni 1940 gestorben. Die Liebe zur Heimat kommt in vielen seinen Gedichten zum Ausdruck, sind doch alle Gedichte wirklich "passierta Geschichtla".
Die fast 400 Mundartgedichte sind in den 1920er und 1930er Jahren in sieben Bänden erschienen, die größtenteils vergriffen sind. Heute passend in die Weihnachtszeit möchte ich meinen Lesern von Georg Eckerlein das Mundartgedicht "Die Küppla" zum Schmunzeln und vielleicht auch zur Erinnerung an die eigene Kinder- und Jugendzeit ins Gedächtnis rufen!
Jetzt ist es noch ein ganzer Stollen
Foto: © Archiv Ulrich Göpfert
Die Küppla
Fast acht Tog warn`s vur Weihnachten,
ach des war a wahrer Staat,
wos a Bürgerschfrah a brava
do für Stolln gabacken hat.
Glücklich ah tut ham sa bringa,
wird galobt racht sähr vom Mah.
Tut se naus die Kammar legen
schö in ahner Reih nahmna.
Tut sa alla sechs zudecken
mit ahn Tüchla und Papier,
und es gucken bloß valockend
noch die vordarn Küppla vür.
"Su und weil sa besser schmecken,
wenn sa sten bleim noch a Zeit,
wolln mer unra Stolln do liebar
erscht am Heiligamd aschneid".
Un des tut die Muttar mahna.
Drüm mahnts ah der ältsta Su.
A dar Vatter tut zustimma.
"Wie dar wöllt," segt ar dazu.
Doch dar Jung wie ar der Alta
warn im Frassen sähr gaübt.
Guta Bißla hot ihr Guschen,
ihr verwöhnta, stets galiebt.
Un su öft die Frah, die Guta
sich net hör leßt und net zeigt,
sich dar Jung, wie ah dar Vattar,
schmunzelnd naus die Kammar schleicht.
Schneiden von dan Stollna kräftig
Stück für Stück sich hinten wack.
Schiebn die Stolln a grod su wiedar
unters Tuch am alten Flack.
Tun ganz schlauar Weis drauf achten,
doß dar Kram sich net verruckt.
Und doß groda su jed`s Küppla
vorna aus dan Tuch rausguckt.
Un su is`s halt zugagana
Tog für Tog des Stollngamaus,
ganz unschuldig ober guckten
stets die vordarn Küppla raus.
Un so öft die Frah voll Wonna
halt ihr Harrlichkeit batrach`t,
denkt sa bei sich ganz glückselig
un schöpft net a weng Vadacht:
"Nu mich fräts na, doß mei Mannla
un mein großar Jung erscht gar,
noch ka anzigs Mol, des Wunnar,
über meina Stoll`n do war."
Und so ist die Zeit verganga,
und dar Heiligamd kam ra.
Immer mähr vom Mut valossen
wird dar Su wie ah dar Mah.
Kaum wie`s dunkel war gaworden
hot sich kaner mähr loß sah.
Sen ganz einfach durch die Latten
sen ins Wirtshaus alla zwa.
Und seit langar Zeit mol wieder,
bräut die Frah sich grüna Tee,
will sich hul dazu a Stückla
von ihrn Stolln su fein und schö.
Ist es bloß noch ein "Küppla", oder noch ein ganzer Stollen?
Das ist hier die Frage!
Foto: © Archiv Ulrich Göpfert
Und in erschten Stolln in besten
will sa untarn Tuch vürzerr.
Ach, in ihrar Hend, Herrjeses!
Hot sa bloß a Küppla ner.
Un vor Ärgar tut sa pfletschen.
Ach die Frah schreit weh und oh!
Weiter nex als wie sechs Küppla
warn von ihra Stolln noch do.
Un su warsch bei ölla sechsa,
ihr wirds annersch und ganz schwül.
Und a Licht tut ihr aufgenna
größer als a Basenstiel.
"Mir mei Zeug su wackzufrassen
Na, des sollt ma doch net mahn.
Drüm hamm wie gemäst` die Wochen
meina Fraßwanst ausgasahn.
Tut ihr Karl ma na hamkumma,
des will ich euch net vagaß,
ihr könnt jetzter zu Weihnachten,
anstatt Stolln Hundstüten fraß"