Die Dunkelgräfin von Hildburghausen
Ein historischer Kriminalfall steht vor der Lösung
Montag, 28. Juli 2014, 22:05 Uhr, MDR Fernsehen
Film von Ute Gebhardt
Ein historischer Kriminalfall steht vor der Lösung
Die Indizien waren zahlreich, der Beweis fehlte bisher: War die rätselhafte "Dunkelgräfin von Hildburghausen" in Wahrheit die französische Prinzessin Marie Therése genannt "Madame Royale"? Wurde die Tochter von Marie Antoinette und Ludwig XVI. - die einzige Überlebende der französischen Königsfamilie nach der Revolution - ausgetauscht? Nun wird das Geheimnis gelüftet. Im Rahmen eines interdisziplinären Wissenschaftsprojekts des MITTELDEUTSCHEN RUNDFUNKS wurde im Oktober 2013 das Grab der Dunkelgräfin in Hildburghausen geöffnet.
Das Grab am Schulersberg wird zu wissenschaftlichen Zwecken geöffnet.
Abschluss der Grabung - Links im Bild: Michael Römhild, Leiter des Stadtmuseums Hildburghausen, rechts im Bild: Prof. Ursula Wittwer-Backofen, Anthropologin und Gerichtsmedizinerin der Universität Freiburg
Foto: 2014 © MDR/Holger John
Erste Szene
Ein maskierter Mann verbrennt nachts Handschriften und Porträts im Schlossgarten. Der "Dunkelgraf" verwischt die Spuren, die Identität der Dunkelgräfin. Eine Porträtzeichnung geht in Flammen auf und erscheint auf dem Monitor von Prof. Ursula Wittwer-Backofen. Die Freiburger Anthropologin beginnt mit einem dreidimensionalen Porträtvergleich aus verschiedenen Lebensphasen der Königstochter und der späteren Herzogin von Angoulême.
Szenenwechsel nach Wien
Ein merkwürdiges Grab auf dem Hietzinger Friedhof. "Le fidéle Clery - dernier serviteur de Louis XVI". Der treue Clery liegt hier, der letzte Diener von Ludwig XVI. Clery war seinem König freiwillig in die Haft im Temple gefolgt. Ein halbes Jahr lang hat er mit dem gefangenen König gebetet, die Königin frisiert, mit den beiden Kindern - dem Dauphin und der 14-jährigen Prinzessin Marie Therese - gespielt. Als Louis und Marie Antoinette guillotiniert werden, ist der unglückliche Diener frei, die Kinder bleiben allein. Der Dauphin überlebt Einsamkeit und Verwahrlosung im Temple nicht, die Prinzessin wächst heran. Drei Jahre später hört Clery von der Freilassung der Prinzessin Marie Therese im Austausch gegen gefangene Revolutionäre. Clery eilt zur Prinzessin. Doch am Wiener Hof hält man ihn fern von ihr. Er wird die Prinzessin - die spätere Herzogin von Angoulême - nicht wiedersehen. Auch die anderen Vertrauten aus Paris entfernt der Wiener Hof. Eine der Hofdamen wird die Herzogin später erpressen. Was wussten die Begleiter? Verdächtige Spuren finden sich im Archiv der Kaiserfamilie.
Die Dunkelgräfin von Hildburghausen Dreharbeiten -
Dunkelgraf und Dunkelgräfin opulent und auf großem Fuß
hat das geheimnisvolle Paar gelebt.
Foto: 2014 © MDR/Heike Opitz
Szenenwechsel nach Hildburghausen
Am 7. Februar 1807 hält eine Kutsche vor dem Hotel "Englischer Hof". Ein reicher Mann und eine vornehme Dame ziehen ein. Ein seltsames Paar. Keine Kontakte, ein völlig zurückgezogenes Leben. Mitunter sieht man den Herrn in der Kutsche ausfahren, manchmal in Begleitung der Dame. Die ist stets verschleiert, trägt meist eine grüne Brille. Niemand kennt ihren Namen. Von ihm weiß man, dass er sich "Vavel de Versay" nennt. Nach drei Jahren zieht das Paar in die Einöde. Im Dorf Eishausen bei Hildburghausen mietet der "Graf" das kleine Schloss. 30 Jahre absolute Isolation, bis die Dame 1837 stirbt. Kein Schriftstück verrät die wahre Identität. Doch es gab trotz der Verschleierung Zeugen, die ihre Ähnlichkeit mit der französischen Königstochter Marie Therese, genannt Madame Royale, bemerkt haben wollen. Es sprach sich herum, wurde kolportiert, wurde zum Gerücht, zur Legende.
Historiker und Literaten streiten seit 170 Jahren europaweit darüber. Bis heute gibt es mehr als 200 Veröffentlichungen zum Geheimnis der Dunkelgräfin. Sie kommen alle zu keinem endgültigen Schluss. Beweise existieren nicht, Zweifel sind angebracht.