Die Geschichte des Itzgrundes

Die Geschichte des Itzgrundes
Der Itzgrund und die "Eigensdörfer"


Malerische Fachwerkhäuser sind im Itzgrund anzutreffen
2014 © Ulrich Göpfert

Es ist die schönste Gegend der Welt...
dieses schrieb u.a. im Jahre 1780 der Dichter, Geschichtsphilosoph und Theologe Johann Gottfried von Herder an seine in Weimar zurückgebliebene Frau Karoline anlässlich seines Aufenthaltes in Lahm im Itzgrund. Durch den Itzgrund führt die Bundesstraße 4. Sie ist Nachfolgerin der Reichsstraße Nr. 4, die auch in ihrem modernen Verlauf Nürnberg mit Hamburg verbindet - seit mindestens 1200 Jahren.

Die Straße war eine Handelslinie längs der seit dem frühen 9. Jahrhundert alles gekauft und verkauft werden durfte, nur keine Waffen. Später waren es z.B. Salzheringe in Fässern, Stockfische, Waid (sächsisches Färberblau), Kupfer, Blei, Pech, Korn, Salz, Gewürze, Goldspitzen, Strümpfe, Bücher, Papier und Butzenscheiben; Wein und Bier waren lange Zeit gebührenfrei. Ansonsten war Geleitschutz gebührenpflichtig. Nur Edelleute, Geistliche und Juden konnten, letztere in toleranten Zeiten, dem Geleitsmann geben, was ihnen angemessen erschien.


Landwirtschaft in früheren Zeiten. Mensch und Tier im
Einsatz in der Schottensteiner Flur
Repro: Ulrich Göpfert

An dieser Bundesstraße 4 zwischen den Städten Bamberg und Coburg liegt im Tal der Itz die Gemeinde Itzgrund, deren Ortsteile weitgehend ihren ländlichen Charakter bewahrt haben. Die relativ junge Gemeinde mit ihren 2300 Einwohnern ist erst bei der Gebietsreform 1978 aus dem Zusammenschluss von ehemals kleinen Gemeinden entstanden.

Nach der Auflösung des Landkreises Staffelstein im Zuge der Gebietsreform kamen die Gemeinden Herreth, Gleußen, Kaltenbrunn, Lahm, Schottenstein und Welsberg zum Landkreis Coburg. Am 1. Mai 1978 schlossen sich die angeführten Gemeinden zur neuen Gemeinde Itzgrund im Rahmen einer Verwaltungsgemeinschaft zusammen.


Fränkisches Fachwerkhaus im Itzgrund
2014 © Ulrich Göpfert

Die bisher selbständigen Gemeinden mit ihren Ortsteilen können größtenteils auf eine jahrhundertealte Tradition und wechselvolle Geschichte zurückblicken, deren Wurzeln bis ins 8. und 9. Jahrhundert zurückreichen. So fand der kleine Ort Bodelstadt beispielsweise die erste urkundliche Erwähnung 788. Er stellt damit die Älteste nachweislich erfasste Siedlung des gesamten Landkreises Coburg dar.

Es würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen, wollte man die geschichtliche Entwicklung einer jeden ehemaligen Itzgrundgemeinde zurückverfolgen, deren individueller Weg sich oft grundsätzlich von der benachbarten Gemeinde unterscheidet. Man denke nur an die verschiedenen Grundherren, Besitzverhältnisse oder Patronate, die gerade hier im Itzgrund zusammenstießen und des Öfteren wechselten. In Nachbarschaft im oberen Itzgrund liegen die selbständigen Gemeinden Großheirath und Untersiemau, die wiederum aus mehreren Ortsteilen bestehen.

Wenden wir uns nun den "Eigensdörfern": Gossenberg, Neuses a.d. Eichen, Watzendorf zu, die heute Ortsteile der Gemeinde Großheirath sind. Zweigt man von der B 4 an der Großheirather-Buchenroder Kreuzung nach Westen ab, so gelangt man nach ca. drei Kilometer in den ehemaligen Gemeindebereich der sogenannten Eigensdörfer.

Dieses Gebiet ist einer der geschichtsträchtigsten Landstriche des Coburger Landes. Aus der Frühgeschichte ist überliefert, dass eine ganze Reihe von Wüstungen (kleinste dörfliche Siedlungen) vorhanden waren, die heute nur noch durch Flurnamen und Erzählungen überliefert sind. Die ersten Ansiedlungen entstanden wohl um 1000 n. Chr. um eine Wallfahrtskapelle zu Ehren der Mutter Maria.

Auch Kaiser Heinrich II (1002 - 1024) kam mit seiner Gemahlin Kunigunde öfter nach Watzendorf, um die dortige Wallfahrtskirche mit dem wundertätigen Marienbild zu besuchen, wobei er die Pferde (die Thiere) auf einer Ödung (Thiereller) zurÜckließ. Die Dörfer Gossenberg, Neuses a .d. E. und Watzendorf versorgten Kaiser und Tross mit Speise und Trank. Aus Dankbarkeit soll ihnen der Kaiser besondere Rechte, vor allem die eigene Gerichtsbarkeit, zugebilligt haben.

Sollte einer der Ortsbewohner mit dem Tode bestraft werden, so musste jedesmal der jüngste Ehemann dieser drei Gemeinden die Exekution an der Gerichtseiche auf der "Thiereller" vornehmen. Er bekam dazu ein Paar neue Handschuhe, die er nach der Verrichtung seines Amtes wieder wegwarf, damit er in den Kreis der übrigen Ortsbewohner wieder zurücktreten durfte.


Blick auf das Dorf Watzendorf mit seiner
bekannten Marienkirche
2014 © Ulrich Göpfert

Das wundertätige Marienbild
Als die Eigensdörfer sich der neuen Lehre Luthers zuwandten, blieben die Pilger dem Wallfahrtskirchlein Watzendorf fern. Das Muttergottesbild stand einsam in der Ecke der Kapelle. Als einmal Seßlacher Handwerksleute in dem Kirchlein zu arbeiten hatten, nahmen sie das wundertätige Marienbild nach Feierabend heimlich mit in ihre Stadt und stellten es dort in der Kirche auf. Aber, "O Wunder", als sie am anderen Tag wieder in der Kirche zu Watzendorf arbeiten wollten, stand das Marienbild wieder an seiner alten Stelle. Sie nahmen es noch einmal mit nach Seßlach, aber auch am nächsten Morgen war es wieder in Watzendorf. Nach langem Wundern und Hin- und Her kam man auf den Gedanken, das Bild in einer feierlichen Prozession einzuholen. Als dann ein langer Wallfahrtszug das Bild nach Seßlach trug, blieb es fortan in der Kirche dort und kein Mensch brachte es mehr fort.

Es gibt noch weitere Episoden aus der Geschichte rund um die heutige Bundesstraße 4, darüber möchte ich jetzt berichten:


Der seit dem Neubau der Bundesstraße 4 spurlos
verschwundene "Heroldstein"
Repro: Ulrich Göpfert

U.a. gab es bis zum Neubau der Bundesstraße 4 einen sogenannten "Heroldstein"  der an der alten B 4-Brücke zwischen Kaltenbrunn und Gleußen stand und aus dem Jahr 1599 stammte. Dieser Stein ist leider seit dem Neubau der B 4 verschwunden, heute erinnert nur noch das nachfolgende Gedicht an diesen Stein:

"Stift Bamberg und Land Sachsen, bekämpfen sich ums Recht; in Kaltenbrunn und Gleußen, die Zeit war damals schlecht. Gerichtsbarkeit und Zehnte, die gaben Grund zum Streit; das Volk hat viel gelitten durch die Parteilichkeit. Nach langem Streit und Hader, kam man doch überein, die Landesgrenz`zu regeln am Weg, durch einen Stein. Der trug ein rotes Fähnlein, das weithin sichtbar war, und denen die passierten, die Deutung machte klar. Im Itzgrund wird der Denkstein auch Heroldstein genannt, weil bis hierher der Herold des Landes ward benannt. Noch heute steht das Zeichen am Matzbach im Gras; Dort dient es noch als Markung, der Fluren und der Straß`.

Eine weitere Episode
aus der mit Sachsen-Coburg strittigen Hochgerichtsbarkeit zeigt wie weit - abgesehen von anderem Rechtsempfinden - die Verrohung damals reichte.
1526 wurde auf einem Sachsen-Coburg lehenbaren Acker in der Gleußener Flur ein Erschlagener aufgefunden und auf Befehl des Abtes in Altenbanz begraben. Auf Protest der Gegenseite hin gab Abt Johann zu, daß dies nicht rechtens gewesen ist und daß er es "zu sondern Dank und hoher Freundschaft" annähme, wenn Sachsen von einer Exhumierung und Rückgabe der Leiche absehe.

Weniger tolerant verfuhren beide Seiten, als sich 1666 ein Banzer Untertan in einem sächsischen Haus erhängte. Man ließ den Leichnam abnehmen und auf coburgschem Territorium begraben. Der bambergisch-Lichtenfelser Centamtmann, von Henker, Henkersknechten und reichlich Militär begleitet, mußte den Toten ausgraben und nach Banz bringen, wo man ihn verbrannte.

Als sich wenig später die Witwe auf einem Lehen derer von Ostheim erhängte, gewann wiederum der Lichtenfelser Centamtmann vor dem Coburger das Rennen und schleifte die Tote ins Kloster, um sie ebenfalls verbrennen zu lassen -  gegen den Protest des Herrn von Ostheim. Dabei waren "auf dem Papie"  die Verhältnisse schon zwei Menschenalter vorher, im Trappstadter Vertrag von 1599, geklärt worden.

Die Cent sollte Banz über seine 25 vogteilichen Untertanen und einen rotenhanischen haben, ferner über die der Gemeinde gehörenden Häuser, Gewässer, Anger, Plätze, Gassen, Dorf und Feld; Sachsen sollte sie über die eigenen Untertanen üben, über die adeligen Ganerben und auf "der gemeinen Land- und Geleitstraße".

Sehenswürdigkeiten im Itzgrund:
Unbedingt sollte der Besucher einen Abstecher nach Lahm vornehmen. Dort steht in der Schlosskirche die berühmte Herbst-Orgel auf der regelmäßig Konzerte gegeben werden.

Sehenswert ist außerdem:
Die Marienkirche in Watzendorf. Fachwerkhäuser in Rossach und den Eigensdörfern. Das Kommunbrauhaus in Rossach sowie die "Schöneren Dörfer"  Gossenberg und Buchenrod.


In Welsberg werden hier die großen Kuchenbleche
anlässlich der Kirchweih für "das Einschiessen"  in den

Backofen vorbereitet
Repro: Ulrich Göpfert

Größere Festlichkeiten sind die Kirchweihen in den einzelnen Ortsteilen die im Monat Oktober stattfinden. Zu erwähnen ist außerdem das Schützenfest in Großheirath das immer im Juli gefeiert wird. Ein Jahrmarkt findet in Rossach im Frühling und zu Himmelfahrt statt.

Weitere Informationen unter:
Gemeinde Itzgrund, Rathausstraße 4, 96274 Itzgrund
Tel.: 09533/9226-0, Fax: 09533/9226-10
Internet: www.itzgrund.de
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Quellenhinweise: Andreas Stubenrauch, Gemeinde Itzgrund

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