Der Pöbelträger im Bausenberg

Der Pöbelträger im Bausenberg
Eine Sage aus dem Coburger Land


Foto: 2014 © Ulrich Göpfert

Wandert man von der Veste Coburg aus in östliche Richtung, so kommt man durch den Bausenberg zur Stadt Rödental- OT Oeslau. Aus dem Tal zwischen dem Festungsberg und dem Bausenberg ging eines Tages mit Lockpfeife und Garn ein Vogelsteller. Da gesellte sich plötzlich ein Mann in seltsamer Tracht zu ihm. Er trug einen weißen Sack, in dem etwas Lebendiges zappelte. Es ging auch ein übler Geruch von dem Sack aus.


Foto: 2014 © Ulrich Göpfert

Der Fremde ging nach dem Entensee zu, darüber blickte oben die Teufelskanzel herab. Als der Sumpf erreicht war, hieß der Fremde seinen Begleiter das zu tun, was er selber tat. Er zog seinen linken Schuh aus, der rot und mit Kreuzen gezeichnet war. Der Fremde bestieg einen kleinen Hügel und sprang von ihm hinab. Der Vogelsteller folgte ihm, ein gewaltiger Donnerschlag erfüllte die Luft und ringsum war finstere Nacht. Sie fanden sich in einem dämmerigen Gewölbe wieder.

Der Fremde schritt nun vorwärts, hielt vor einer Eisentür an und gab seinem Begleiter ein Zeichen, ja kein Wort zu sprechen. Dann nahm er den Sack vom Rücken und trat mit dem bekreuzten Schuh gegen die Eisentür. Krachend flog sie auf und eine glührote Feuersäule stieg blendend und lodernd empor. In diese Glut schleuderte der Fremde den Sack, und die Flammen sanken in sich zusammen.

Der Vogelfänger war vor Angst in die Knie gesunken. Jetzt bedeute ihm der Fremde, in die Tiefe zu schauen, es war die Hölle, ein Feuermeer voll wimmelnder armer Seelen. Da sah der Vogelsteller seinen eigenen Sohn unter den Verdammten. Er vergaß die Warnung des Fremden, deutete hinunter und schrie: "Ach Gott, dort ist mein Hannes!" Darauf erhob sich ein furchtbares Donnern, Zischen, Schreien und Heulen. Die Glutwellen fluteten bis zur Höhe. Eilig warf der Fremde die Eisenpforte zu und riß fliehend den Vogelsteller mit sich fort.


Foto: 2014 © Ulrich Göpfert

Doch dieser war fast ohnmächtig vor Schrecken und konnte nicht folgen. Ihm war, als sei die ganze Hölle hinter ihm her. Als er ein Wasser vor sich sah, sprang er hinein und die Wellen schlugen über ihm zusammen.


Foto: 2014 © Ulrich Göpfert

Am anderen Tag ging ein Jäger durch den Wald und hörte unter der Teufelskanzel ein klägliches Gewimmer und Ächzen. Wenige Schritte vom Entensee entfernt fand er den Vogler, der ihm mit matter Stimme erzählte, was geschehen war. Als er zu Ende geredet hatte, starb er.

An seinem Fuß trug er einen seltsamen bekreuzten roten Schuh. Als man den Leichnam des Vogelstellers aus dem Wald trug, soll auf der Teufelskanzel ein großer Bock gestanden und gemeckert haben.


Foto: 2014 © Ulrich Göpfert

Der Fremde soll ein Popanz- und Pöbelsträger gewesen sein. Diese Leute verstanden nach dem Glauben des Volkes die Kunst, durch Zaubersprüche die bösen Geister zu fangen. In Säcken trugen sie die Kobolde, auch Pöbel genannt, an Orte, wo sie gebannt blieben, meist in Sümpfe oder Wildnisse. Ein solcher Ort war der Entensee hinter der Veste Coburg im Bausenberg.

Quellenhinweis: Ludwig Bechstein

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