Ein Coburger Original, das seinen Etat durch Gratulationen
zu allen möglichen Anlässen aufbesserte
Bunte Farbtupfer brachten und bringen Originale in den Alltag einer jeden Stadt oder Gemeinde. In Coburg war dies u. a. Max Scharlitzky, genannt "Max der Gratulant“. Er wurde in einem Schaltjahr am 29. Februar 1840 geboren, demzufolge konnte man ihm nur alle vier Jahre zum Geburtstag gratulieren!
Der Coburger Maler Wilhelm Scheibe hat von
"Max dem Gratulanten“ ein Ölbild gemalt, das
sich im Besitz der Stadt Coburg befindet.
Dieser Aufsatz und das Repro sollen an den
kleinen Mann mit dem weißen Spitzbart und dem
freundlichen Lächeln auf dem Gesicht erinnern.
Repro: Ulrich Göpfert
Er wurde als viertes Kind der Köchin Johanna Charlotte Scharlitzky geboren. Lange Zeit wohnte er in einem bescheidenen Stübchen im Hause Leopoldstraße 1. Max Scharlitzky war ein armer Teufel. Er übte den Beruf des Schneiders aus, aber sein Berufsstolz und Bildungsbewusstsein veranlassten ihn, sich als "Tailleur“ und "Kleiderreiniger“ zu bezeichnen.
Als Schneider hatte er ein sehr geringes Einkommen, denn damals vor dem ersten Weltkrieg, hielten die Anzüge noch ein ganzes Leben. Deshalb kam er auf die glorreiche Idee, sein Einkommen durch Gratulationen zu allen möglichen Anlässen aufzubessern.
Er war klein von Gestalt, aber wie es sich für einen Gratulanten gehört, zeigte er immer ein freundliches Lächeln auf seinem Gesicht. Selten sah man ihn auf der Straße ohne den festgebundenen Blumenstrauß in der linken Hand. Mancher argwöhnte, dass er die Blumen oft mehrfach verwendete, wenn er an einem Tag gleich mehrere Besuche absolvierte. Auch munkelte man, dass er die Blumen für diese festlichen Anlässe oft illegal "organisierte".
Die "Kreissäge“ so bezeichneten die "Alten Coburger“ seinen runden Strohhut, hielt er bei seinen Gratulationsauftritten immer in der rechten Hand. Sein Jackett und Hose waren ihm viel zu groß, was eigentlich zu seinem hochtrabenden Titel "Tailleur“ nicht passte. Man nannte seine Hose auch "Korkenzieherhose“. Auch seine Schuhe hatten schon bessere Zeiten gesehen, man sah ihnen die verflossene Eleganz an. Seine Füße hatten in ihnen zweimal Platz.
Zu den festlichen Anlässen kam Max meist ungeladen, teils wünschte man seine Präsenz
"Max der Gratulant“ brachte durch sein Auftreten eine lustige Abwechslung in den Ablauf der Festlichkeit. Seine Glückwünsche überbrachte er in hochtrabenden Reden mit näselnder Stimme und er gab u. a. auch fröhliche Lieder zum Besten. Regelmäßig sang er aber sein Lied "von der Lerche“.
Die Ausführung und Anzahl der Liedstrophen richtete sich nach dem zu erwartenden Trinkgeld und den essbaren Gaben, die ihm mit auf den Weg gegeben wurden. An seinen vollgestopften Jackettaschen konnte man den erfolgreichen Auftritt äußerlich ablesen.
Und hier eine kleine Kostprobe aus den Vorträgen seines Lerchenliedes:
"Singen kann die Lerche wohl, aber Noten kennt sie nicht“
oder "Lieder singt die Lerche wohl,
aber Bratwörscht frisst sie nicht“
Die Verse seines Lerchenliedes hatten immer einen anderen Schluss. Er hatte immer die Lacher auf seiner Seite, weil mit diesem Unsinn immer große Heiterkeit bei der Festgesellschaft zu erzeugen wusste.
Niemand berichtete über seine letzten Jahre
Er, der so viele Menschen besucht hatte, um Ihnen Glück zu wünschen, wird im Alter wohl weniger Besuche und noch weniger Glück gehabt haben. Man sah Max nur noch selten in der Stadt. Auch aus den Adressbüchern der Stadt Coburg verschwand sein Name, denn Insassen des Armenhauses wurden darin nicht mehr erwähnt. Seine letzten Jahre verbrachte er im einstigen Armenhaus hinter der Nikolaikirche in der Ketschendorfer Straße. Im Alter von 74 Jahren starb er am 26. September 1914 im Armenhaus in Wüstenahorn.
Quellenhinweis: E. Eckerlein, Oelenheinz