Viel Ärger gab es mit den Flößknechten und dem Diebstahl von Floßholz
Auf diesem Bild ist zu sehen, wie in der Zeit kurz vor dem Dreißigjährigen
Krieg auf dem Floßanger in Coburg während der Flöße gearbeitet wurde
Der Fluss ist nicht die Lauter, wie eingeschrieben, sondern die Itz.
Repro: Archiv Ulrich Göpfert
An der Straße zwischen Neustadt und Sonneberg sieht man auf der linken Seite noch heute einen tiefen Graben. Dort sind einige Teiche angelegt. Dieser Graben ist das Überbleibsel des ehemaligen Flößgrabens. Am Fuße des Deutersberges bei Mönchröden sind an einigen Stellen Reste erkennbar. Man kann den Verlauf des Grabens noch bis Haarbrücken verfolgen. Die Straßennamen "Floßanger“, "Floßsteg“ und "Zinkenwehr“ erinnern in der Stadt Coburg noch heute an die ehemalige Flößerei.
Die alte Karte zeigt den Verlauf des Grabens von Oberlind
nach Neustadt und von Haarbrücken nach Mönchröden
Repro: Archiv Ulrich Göpfert
Mitte des 16. Jahrhunderts umfasste die "Pflege Coburg“ auch die Ämter Sonneberg und Neuhaus in Thüringen mit den Oberförstereien Sonneberg, Hämmern, Steinheid, Lauscha, Steinach und Judenbach. Diese betreuten die "Fränkischen Wälder“ mit etwa 10 000 Hektar Wald. Diese "Fränkischen Wälder“ waren damals außerordentlich holzreich, und in einem urwaldähnlichen Zustand. Der Holzreichtum konnte in dem schwach besiedelten Raum gar nicht verwertet werden, während in der Umgebung von Coburg große Holznot herrschte. Aus dem "Wald“ kostete damals der Klafter Holz vier Groschen und zu Coburg auf dem Markt einen Gulden. Zur damaligen Zeit herrschten sehr schlechte Wegverhältnisse und so war an umfangreiche Holzfuhren nicht zu denken. Da bot sich der Wasserweg als billigste Transportmöglichkeit an. Aber nur die Steinach hatte so viel Wasser und reichte so weit in den Wald hinein, dass auf ihr geflößt werden konnte. Die Röden, deren Wasser ab Rödental-Oeslau mit der Itz vereint durch die Stadt Coburg fließt, war für das Flößen zu schwach.
Es lag nun der Gedanken nahe, das Holz auf der Steinach bis nach Heubisch zu flößen, es dann mit Wagen nach Neustadt zu schaffen und auf der Röden weiter zu flößen. Da aber die Röden zwischen Haarbrücken und Mönchröden durch die zwei großen Teiche floss, entstand wieder ein fast unüberwindbares Hindernis. Als man in dem Bergvogt Dr. Erasmus Reinhold aus Saalfeld einen Mann fand, der imstande war, das Wasser "abzuwiegen“ (das Gelände zu nivellieren), fasste man den Plan, eine künstliche Wasserstraße zwischen Oberlind und Neustadt herzustellen und mit dieser Wasserstraße auch die Mönchrödener Teiche zu umgehen. 1000 Gulden wurden ihm für diese Arbeit versprochen. Nach seinem Plan wurde im Jahre 1576 mit dem Bau begonnen und mit einem Kostenaufwand von nur 200 Gulden bereits 1578 beendet. (Davon können wir heute nur noch träumen!) Nun konnte aber nicht gleich mit dem Flößen begonnen werden. Es stellte sich heraus, dass auch die Steinach nicht genügend Wasser führte, auch nicht zur Zeit der Schneeschmelze im späten Frühjahr.
Im Wald mussten daher an allen kleinen Zuflüssen der Steinach "Floßteiche“ angelegt werden, in denen das benötigte, zusätzliche Wasser angesammelt wurde. Die Steinach und die Röden (Itz) wurden floßfähig gemacht. Es wurden Ufer begradigt, in das Flussbett hineinragende Baumwurzeln entfernt, größere Steine ausgehoben. In Oberlind musste das "Herrenwehr“ verstärkt werden, in Neustadt ein Übergang über den Mühlgraben geschaffen, bei den vielen Mühlen "Floßpompen“ (starke Überfallwehre) gebaut und in Coburg der "Floßanger“ angelegt werden. Gegenüber dem Alexandrinen-Volksbad und der Rückertschule wurde die Itz durch einen Floßrechen abgesperrt. Dessen starke, mit Zwischenraum stehenden Zäune ließen wohl das Wasser durch, hielten aber das Holz zurück. Neben dem Ufer errichtete man zum Aufbewahren der benötigten Geräte, wie Bohlen, Beile, Floßhaken und Schiebekarren, ein leichtes Haus. Ein etwas kleinerer Floßanger wurde auch bei Cortendorf angelegt, an der Stelle, wo am Ende der Rosenauer Straße die Brücke jetzt über die Itz führt.
Die heutigen Teiche, die man bei der "Gebrannten Brücke" auf der
rechten Seite von Sonneberg kommend in Richtung Neustadt sieht,
waren früher ein Teil des Flößgrabens
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
Die Aufsicht über den gesamten Floßbetrieb wurde dem Forstmeister (damals Wildmeister genannt) in Mönchröden übertragen. Er bestellte einen Unterförster, der laufend die Einrichtungen überwachen und die Vorarbeiten leiten musste. Er teilte die Floßstrecke in passende Abschnitte, die Floßmeistern unterstellt wurden, sorgte für das nötige Gerät, überwachte das Heranschiffen des Holzes an den die Floßbäche sowie die "Abpostung“ (Abmessen) desselben und warb Floßknechte an. Nicht immer war dieses Geschäft eine freudige Arbeit. Die Bauern durften während des Sommers zum Abfahren des Heues ihrer Wiesen Übergänge über den Floßgraben anlegen. Sie schütteten Erde in den Graben, vergaßen aber oft im Herbst das Wegräumen. Die Schäfer trieben ihre Herden des Öfteren an den Graben und Schafe und Rinder traten die Böschung herunter. Immer und immer wieder ergaben sich deshalb Reparaturen.
Ein Teil des Flößgrabens
Foto: © Archiv Ulrich Göpfert
1802 wurde der Graben nördlich von Mönchröden vom "Finsteren Wäldchen“ bis zur "Lachen“ 175 Ruthen lang neu ausgehoben und auf 8 Schuh Breite gebracht. Durch diese Arbeit erfahren wir die Breite des Grabens: 1 Schuh = 31 cm, 8 x 31 = rund 2,50 m. 1 Ruthe = 12 Schuh = 3,72 m. Die Ausbesserungen von rund 650 m kosteten 11 Gulden und 10 Batzen. 1804 mussten andere Strecken verpfählt und mit Weiden ausgeflochten werden. Wieder andere Strecken wurden mit Erlen zur Befestigung des Ufers bepflanzt. 1808 wurden 508 Gulden und 46 Kreuzer ausgegeben, 1809 ungefähr 343 Gulden. Wieviel Geld mag wohl allein für die Reparaturen in den Jahren ausgegeben worden sein? Schriftliche Angaben sind nur für die Zeit um 1800 zu finden.
Durch diesen Grund bei Mönchröden wurde früher das Holz
aus den Thüringer Wäldern nach Coburg geflößt
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
Viel Ärger bereiteten die Floßknechte. In jedem Dorf wurden einige angeworben. Sie waren mit kräftigen Stangen ausgerüstet, die am Ende einen eisernen Haken trugen. Klemmte das Holz am Grabenrand, musste es wieder frei gestoßen werden. Die Entlohnung der Floßknechte mit 30 Kreuzern täglich im Jahre 1800 war zwar nicht all zu hoch, stellte aber doch eine hübsche Nebeneinnahme dar, zumal noch täglich 2 Maß Flößbier eine Einkehr in die Dorfschenke ermöglichten. Deshalb erwartete man sehnlichst die Flößzeit, die jedes Jahr etwa 14 Tage bis drei Wochen dauerte, je nach Witterung von Mitte April bis Mitte Mai, manchmal etwas früher. Oftmals kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den Flößknechten, oft waren die Knechte unbotmäßig. Einmal sah sich die Regierung genötigt, eine Punktation (Verordnung) zu erlassen: "Derjenige Floßknecht, welcher den Anordnungen des Floßwärters nicht augenblicklich Folge leistet, oder sich eines Exzesses (Ausschreitung) schuldig macht, wird mit angemessenem Arrest, im geringsten Grade 24 Stunden, aber unter erschwerenden Umständen, besonders bei Raufereien, mit einer körperlichen Züchtigung bestraft“. Des Öfteren wurde bei der Flöße Holz gestohlen. Es wurden dann Haussuchungen in den Dörfern durchgeführt.
Der Förster, dem im Jahre 1600 dieselbe vornahm und zu seinem Schutz einen Floßwärter und zwei Landsknechte zur Seite hatte, fand tatsächlich in fast allen Dörfern ziemliche Mengen. Als dann die Diebstähle überhandnahmen, erließ der Herzog eine geharnischte Verordnung. Sie lautete: Von Gottes Gnaden Wir Albrecht / Hertzog von Sachsen / Jülich/ Cleve und Berg / auch Engern und Westphalen / Landgraf in Thüringen / Markgraf zu Meißen / Gefürsteter Graf zu Henneberg / Graf zu der Marck und Rabensburg / Herr zu Rabenstein / Dero Röm. Keyserl. Majestät bestellter General-Feld-Marschall-Lieutnant und Obrister über ein Regiment zu Fuß / Fügen hiermit allen unseren Unterthanen / Land-Sassen / Lehen-Leuthen und sonsten Männiglich zu wissen: Demnach Wir Zeit Unserer all hier geführten Landesregierung öfters vernehmen müssen / Welcher Gestalt denen von Unsern in GOTT ruhenden löblichen Vorfahren puplicirten Mandatis zu wider sich die Leuthe ungescheut unterstanden / an den Flößholtz sich zu vergreifen und dasselbe sowol bey Tag als bey Nacht wegzutragen / Und Wir dann solchen untreuen Beginnen ferner nicht nachsehen / und es ungestrafft hingehen lassen können; Als thun Wir durch dieses offene Edict nochmals jedermann ernstlich verwarnen / dergestalt / würde jetzo oder künftig jemand / wer der auch sey ) von Manns- oder Weibs-Person für sich / ihr Gesind / Kinder und andere / von Unserem Flößholtze etwas ausziehen / oder von dem bey großen Wasser ausgestoßenen oder ausgesetztem Grundholtz / weniger oder viel / verstecken / ab- oder heimtragen / (derentwegen sowol in als nach der Flöß-Zeit unvermerckte Haussuchung vorgenommen werden sollen).
Der oder dieselben sollen von jedem entwendeten Scheid / Spreißel oder Knüppel / ohngeachtet es von ihnen vor ein gering Ding gehalten wird / ümb Fünff Gülden bestraffet / oder die es nicht zu geben vermögen / erstlich 8 Tage ins Gefängnis gestecket und mit Wasser und Brot gespeiset / sodann aufn Marckt mit einigen auf den Rücken gebundenen Scheiten öffentlich umher geführet / auch endlich in den all hier vor der Stadt ausgehenkten Korb gesetzt / und anderen zur Abscheu und Exempel ins Wasser gesprengt. Da auch solche Straffe nichts fruchten / und jemand zum andern mahl uff dergleichen Untreu ergriffen würde / soll dieser gar aus dem Fürstenthum verwiesen / oder mit der auf die Diebe im Rechten verordneten Peinlichen Straffe belegt werden. Befehlen hierauf allen unsern Beamten / Räthen in der Stadt / Floßmeistern / Schultheißen / Dorffmeistern / und Flößern gnädigst und ernstlichst / dass sie über diesen Unsern Mandat nachdrücklich halten / und auf die Verbrecher fleißige Auffsicht haben / und selbe ohne Ansehen der Person bey Vermeidung Unserer Ungnade / zur Bestraffung anzeigen sollen. Wonach sich ein jeder zu achten / und für Schaden / auch ernster und unnachbleibender Bestraffung / wor, it die Übertretere diesen Mandats ernstlich angesehen werden sollen / zu hüten wissen wird. Uhrkündlich mit Unserem Fürstl. Secret bedrücket / so gegeben Unserer Residentz der Ehrenburgk zu Coburg den 25. Junij, 1694.
Ob dieses Mandat seine volle Wirkung tat, meldet kein Aktenstück. Ein interessanter Streitfall trug sich beim Finkenauer Müller zu: Das Holz durchbrach eines Tages in Coburg den schadhaft gewordenen Floßrechen und trieb die Itz abwärts. Der Finkenauer Müller fischte es auf und betrachtete es als Strandgut nach altem Müller-Recht. Nach langem Streit hin und her entschied die Regierung, dass er es bezahlen musste. Auch Fälle von Betrug kamen vor. Ein Flößermeister aus Coburg wurde ertappt, als er die Leine beim Abposten zu hoch gespannt und zu viel auf ein Maß gegeben hatte. Er wurde abgelöst, aber sein Nachfolger war nicht besser. Auch er musste sich Unterschleife halber verantworten. Die Holzpreise wechselten stark. Jedes Jahr wurden die Preise neu festgesetzt. Zur Rechnungslegung war eine Floßkasse eingerichtet. In manchen Jahren gab es Überschüsse, so in der Zeit von 1751 bis 1758. 3290 Gulden, 5 Groschen, 9 Pfennige konnten da erübrigt werden. Manchmal reichten die Einnahmen nicht zur Deckung der Kosten. Einmal musste bei der Witwe Kob in Coburg eine Anleihe von 1000 Gulden aufgenommen werden. Mit Holz beliefert wurde zuerst die Hofhaltung, dann kamen die Brauer, dann die Bäcker und zuletzt andere "Untertanen“, wenn der Vorrat ausreichte. Manchmal bekamen auch die Handwerker aus Neustadt und der Ziegler aus Mönchröden Holz zu kaufen. Die Handwerker durften sich sogar das passende Holz während der Flöße aussuchen.
Bei jeder Flöße sank Holz auf den Grund des Floßgrabens. Es wurde nach Beendigung der Flöße als Grundholz geborgen und in den Dörfern frei verkauft. Das letzte erwarb im Jahre 1863 der Parkwärter Lieb zu Mönchröden um 15 Kreuzer. Geflößt wurde Scheitholz. Die Scheite wurde auf 4 "Nürnberger Waldschuh“ geschnitten = 1,20 m und zu Klaftern geschichtet. Ein Klafter waren damals 2,86 Raummeter. Später wurden Maße ab gepostet, die 3,27 Raummeter gaben. Im Jahre 1826 wurden erstmalig Blöcher geflößt in Längen von 12 und 16 "Nürnberger Schuh“ = 3,60 m und 4,80 m. Dieser Versuch musste nach einigen Jahren aufgegeben werden, weil die Blöcher sich andauernd an den Grabenrändern festklemmten.
Von 1579 bis 1735 flößte Coburg nach eigenem Ermessen. Als 1735 die „Fränkischen Wälder“ zum größten Teil zu Meiningen kamen, mussta das Flößholz dort gekauft werden. Es wurde ein Vertrag mit Meiningen abgeschlossen, der in 10 Artikeln die Menge, den Preis, die Zahlungsweise und die Übergabe festlegte. Meiningen flößte das Holz aus seinen Waldungen bis zu dem neu angelegten Floßrasen in Oberlind, postete es dort zur Abnahme durch Coburg auf und stellte sein Wasser aus der Steinach und den Flößteichen zur Verfügung. Auf 100 Klafter wurde eine "Einwähr“ von 10 Klaftern unentgeltlich gegeben. Das Holz aus dem Hasenthaler Bezirk (noch zu Coburg gehörig) durfte gegen Entrichtung von ½ Batzen Durchlassgeld durch Meininger Gebiet geflößt werden. Dieser Vertrag wurde dauernd erneuert, der letzte im Jahr 1853 legte fest, dass nur noch 10 Jahre geflößt wird, weil die Meininger das Holz selbst benötigen bzw. sehr hohe Preise verlangten. Schon Jahre vorher versuchte die Regierung von Coburg die Not an Feuerungsmaterial zu beheben. Leider schlugen die Bemühungen fehl, im eigenen Land Steinkohlen und Torf zu graben. Die Bohrversuche nach Steinkohle in Neuses am Brand, Grub am Forst, Heldritt und Sauloch scheiterten und das Torfstechen bei Mönchröden brachte auch nichts ein. Da brachte der Eisenbahnanschluss nach Lichtenfels die Rettung. Jetzt konnten Steinkohlen aus Zwickau herangeschafft werden. In aller Eile mussten die Öfen auf Steinkohlenfeuerung umgebaut werden und als 1863 das letzte Floßholz in Coburg verteilt war, brauchte niemand mehr, um Feuerungsmaterial zu bangen.
Nach über 400 Jahren ist der Floßgraben, der Coburg mit einem wichtigen Gut versorgt hat, überflüssig geworden. Am 12. April 1863 berichtet der Oberförster Obenauf aus Mönchröden an das Ministerium, dass der Flößgraben entbehrlich geworden und es wohl das Beste sei, den „ohnehin polizeiwidrigen“ Graben gehörig einzuebnen. Das geschah dann auch in Mönchröden und an vielen anderen Stellen. Ein späterer Versuch, den Graben noch zur Bewässerung der Wiesen zu benutzen, hatte keinen Erfolg, weil die Bauern aus Thann und Kemmaten und der Müller in Haarbrücken sich nicht einigen konnten.
Quellenhinweis: Andreas Stubenrauch