Eine Sage aus Oberfranken
Am Berghang des Staffelberges hielt ein Wagen. Keuchend standen die sechs Rinder, die vorgespannt waren. Schweikher legte einen mächtigen Stein unter die Räder. Dann wischte er seufzend den Schweiß von der Stirn. Sein Sohn schwang die Geißel. Knarrend und ächzend setzte sich der Wagen in Bewegung.
Die Kirche auf dem Staffelberg wurde im Mittelalter
zu Ehren der Heiligen Adelgundis erbaut
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
Er brachte Sand zum Bau eines Kirchleins für den Meister Hildebrand auf den Staffelberg. Oben lud Schweikher den Sand vom Wagen und führte die Rinder zum Grasen. Es waren außerdem noch andere Gäste auf dem Staffelberg gekommen. Vater Oze war mit Jagor, dem jungen Fürsten gekommen. Er sah einem Raben zu, der am abgeladenen Sand spielte. Der Rabe suchte die kleinen glänzenden Kiesel heraus, nahm sie in seinen Schnabel und flog immer einer bestimmten Richtung zu. Vater Oze folgte der Richtung. Er kam an eine Felsenhöhle und wartete.
Eben flog der Rabe wieder heraus. Oze verbarg sich im Hintergrund der Höhle. Der Rabe kam wieder zurück. Mitten in der Höhle bohrte er ein Loch mit dem Schnabel in den Boden, legte den Kiesel hinein und deckte das Versteck wieder zu. Vater Oze grub nach und fand viele Kiesel. Aber noch eine Entdeckung machte er dabei. Der festgetretene Boden der Höhle bestand aus Sand. Er wühlte an anderer Stelle: nichts wie Sand. Dann eilte er zu den Bauleuten, um von seinem wichtigen Fund zu berichten. Meister Hildebrand ließ graben und fand auf dem Berg Sand, schönen gelben Sand.
Noch heute ist der "sagenhafte Rabe" in der Kirche oberhalb der Kirchentüre zu sehen
Foto: Archiv © Ulrich Göpfert
Jagor sprach zum Meister Hildebrand: "Des Raben Bild sollst du über der Türe des Kirchleins anbringen, damit es unsere Kinder daran erinnere, wie Gott der Herr hier geholfen hat." Das Bild des Raben ist heute noch an dem Kirchlein zu sehen.
Quellenhinweis: Ernst Köhler