Dörfles-Esbach - Geschichte und Geschichten

Dörfles-Esbach - Geschichte und Geschichten
Ein Dorf, das am Ende des 2. Weltkrieges die größte Invasion
im Freistaat Bayern erlebt hat


Die Itz in der Nähe von Dörfles-Esbach
2014 © Ulrich Göpfert

Jedes Jahr in der Frühjahrszeit konnte sie ihr wildes, überschäumendes Temperament nicht mehr zügeln, trat über die Ufer und riß in dem breiten, fruchtbaren Tal unterhalb des Bausenberges alles mit, was sich ihr in den Weg stellte. Einige Tage tobte sie sich nach Herzenslust aus, um dann wieder friedlich dahin zu fließen, als könne sie kein Wässerlein trüben, die Itz.


Ein Blick vom Itzufer auf Dörfles-Esbach
2014 © Ulrich Göpfert

Die Dörfleser kannten sie schon zur Genüge und hatten sie gern, lieferte sie doch das ganze Jahr über Fische, wenn eine Abwechslung auf dem Speisezettel nötig war. Dafür konnte man schon seine Behausung dahin setzen, wo das Land sanft anzusteigen begann und kein Hochwasser etwas ausrichten konnte. Da, wo auch die große Handelsstraße von Coburg kommend, weiter nach Rödental und hinauf ins Thüringer Land führte.

In den Friedenszeiten war sie ein wahrer Segen, diese Straße. Von den Handelsleuten konnte man billige Waren entstehen, den Fuhrleuten oft einen Gefallen tun gegen gutes Geld, und abends im Wirtshaus erfuhr man von diesen weitgereisten Männern immer etwas Neues. Dafür war die Straße in Kriegszeiten das reinste Unglück. Die durchziehenden Kriegsknechte scheuten sich nicht, das letzte Stück Brot den Einwohnern wegzunehmen. Und um dem Bösen noch die Krone aufzusetzen, zündeten sie auch noch die Häuser an.

Die Dörfleser aber sagten sich, wenn man in Friedenszeiten hier gut leben kann, dann muss man eben auch die schlechten Zeiten in Kauf nehmen.


Das ehemalige "Dörfleser-Hexenschloss"
Repro: Ulrich Göpfert

Schon 1075, als das benachbarte Trufalistat zum ersten Mal genannt wurde, mag hier ein Gut mit einigen Sölden gestanden haben, aber genannt wurde Dorfelin erst 1317. Durfelin hieß es 1340, und im 16. Jahrhundert war Dörfles daraus geworden.

Der 30jährige Krieg ließ nur unbebaute Felder, niedergebrannte Häuser und einige Leute übrig, aber es ging wieder aufwärts, und es kamen bessere Zeiten.

Über ein besonderes Ereignis möchte ich an dieser Stelle berichten, zumal mein Urgroßvater Adam Göpfert und meine Urgroßmutter Mathilde Göpfert daran beteiligt waren:


Schloss Ehrenburg - Auf dem Balkon nimmt
das Herzogspaar den Festumzug ab
Repro: Ulrich Göpfert

Als am 5. November 1905 der Einzug des Herzog Carl Eduard zum Regierungsantritt in Coburg gefeiert wurde, fand am Nachmittag dieses Tages ein großer Festumzug in Coburg statt, den das Herzogspaar auf dem Balkon von Schloss Ehrenburg abnahm. Unzählige Gruppen, von sämtlichen Industrien arrangiert, zogen vorüber. Auch das Landvolk stellte viele Wagen und Reitergruppen.


Festwagen aus Dörfles
Repro: Ulrich Göpfert

Unter diesen war auch eine Gruppe von Dörfles und Neu-Dörfles, mit einem Festwagen, betitelt "Hof und Flur."  Dieser Festwagen wurde von dem damaligen Rittergutsbesitzer aus Neu-Dörfles, Erich Ulmann, vorbereitet. Viele Dörfleser Frauen in alter oberfränkischer Tracht beteiligten sich. Der Wagen war ein sogenannter Rollwagen, er gehörte dem damaligen Fuhrwerker Adam Göpfert, meinem Urgroßvater.
Adam Göpfert ritt in alter Bauerntracht diesem Festwagen voran. Mit vier schweren Pferden war der Festwagen bespannt, diese stellte der damalige Schultheiß von Dörfles, Johann Büchner, zur Verfügung. Er selbst lenkte auch die Pferde.

In der Mitte des Wagens war eine Pyramide mit Getreidesäcken zwei Meter hoch aufgebaut, obenauf stand ein kleiner, mit Goldbronze verzierter Pflug. An den vier Ecken des Wagens saß je ein junges Mädchen in bunter Bauerntracht. Ährengabeln mit einer versilberten Sichel in der Hand.

Zwischen den Mädchen auf jeder Seite präsentierten sich sechs Bauersfrauen, darunter auch meine Urgroßmutter Mathilde Göpfert, in altfränkischer Bauerntracht mit ihren schönen, schwarzen Hauben. Sie hielten Körbe auf ihrem Schoß, gefüllt mit Erzeugnissen ihrer Arbeit und mit Früchten, die sie darboten. Auf dem Festwagen standen noch Bauern in ihrem Festtagsgewand mit langen Tabakspfeifen. Oft noch hat man landauf, landab von diesem Wagen gesprochen.


Ehemalige Paschendaele-Kaserne in Dörfles
Repro: Ulrich Göpfert

Doch dann kam eine schlimme Zeit. Es folgten zwei Weltkriege sie brachten viel Leid und am Ende des Zweiten Weltkrieges die größte Invasion, die je ein Dorf im Freistaat Bayern erlebt hat. Von 1950 bis 1951 kamen über 1000 Flüchtlinge aus dem Osten, und alle brachte man unter und versorgte sie.


Auf dem Foto rechts, der damalige Bürgermeister Emil Fischer
Repro: Ulrich Göpfert

Da zeigte sich nicht nur die Tüchtigkeit der Dörfleser und ihres Bürgermeisters, sondern auch ihre Nächstenliebe. Die gleiche geschichtliche Entwicklung wie Dörfles hatte auch Esbach durchzumachen, nur dass man nach dem Krieg nicht so viele Flüchtlinge aufnehmen konnte, weil man ja keine Kasernen hatte. Genannt wurde Esbach allerdings schon früher. 1149 ist von Groß-Espe die Rede. 1340 hieß es Espech, und im Jahr 1370 war Esbach daraus entstanden.


Evangelische Kirche von Dörfles-Esbach
2014 © Ulrich Göpfert

1970 war Dörfles mit Esbach räumlich zusammengewachsen. Dadurch gab es auch gemeinsame Probleme. Wegen der Bevölkerungsexplosion hatte man sich von der Muttergemeinde Unterlauter gelöst und 1965 eine eigene Kirche bezogen, sowohl bei den evangelischen, wie auch bei den katholischen Kirchgängern. Nun brauchte man einen eigenen Friedhof. Und weil den Dörflesern die Angelegenheit zu lange dauerte, finanzierten sie diesen selbst. Allerdings mussten die Esbacher nun laut Satzung als sogenannte "Auswärtige" mehr Bestattungskosten bezahlen. Das wurmte sie sehr, und sie beschlossen, 120.000 DM beizusteuern. Als es aber ans bezahlen ging, bereuten sie ihre Großzügigkeit und überwiesen nur 100.000 DM.

Das brachte wiederum die Dörfleser in Harnisch, weil sie aber den Frieden wollten und neben dem Friedhof auch der längst fällige Zusammenschluß behandelt werden musste, setzten sie sich mit dem Bürgermeister und Gemeinderäten aus Esbach zusammen, und am 1. Januar 1971 war dann die Hochzeit. Die Regierung war darüber sehr erfreut und genehmigte ausnahmsweise den Doppelnamen "Dörfles-Esbach" und gab noch als Hochzeitsgabe eine stattliche Summe und ein zinsverbilligtes Darlehn dazu.

Wenn die Esbacher und Dörfleser heute ins Rathaus gehen - das man in der "Alten Schule" in der Rosenauer Straße eingerichtet hat - und das sich erst vor kurzem neu saniert, als Schmuckstück darstellt -, sind die Differenzen längst vergessen. Man wird dort bestens bedient und kann sicher sein, dass der Bürgermeister Udo Döhler, mit den Gemeinderäten aus beiden Ortsteilen, die Gemeinde sicher durch die Klippen steuern wird, in eine hoffentlich friedliche Zukunft.

Quellenhinweise:
Harry Ehrlicher, Oberwohlsbach und Hermann Büchner, Dörfles-Esbach. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Ewald Jeutter (ehemals Schloss Callenberg), der mir das Bildmaterial über den Dörfles-Festwagen zur Reproduktion zur Verfügung gestellt hat.

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