Schloss Heilgersdorf

Schloss Heilgersdorf
Im Jahre 1609 gerieten zwei Ritter wegen eines Pferdehandels
in Streit und duellierten sich mit Schwertern


  Das Foto zeigt das Ehewappen "Lichtenstein-Erthal"
 2012 © Ulrich Göpfert

Aus dem Jahr 1361 stammt die erste Erwähnung einer Wasserburg, inmitten eines Sees auf mächtigen Stämmen ruhend. Ihre Eigentümer waren die Herren von Lichtenstein, denen außer ihrer Stammburg über dem Baunachtal auch die nahen Schlösser Wiesen und Geyersberg gehörten. Schloss Heilgersdorf mit seiner imposanten Barockanlage ist dem Ort vorgelagert.

Da sich das bis etwa 1500 bestehende gute Verhältnis zwischen Bauern und Schlossherrschaft durch den erwachenden Individualismus der Renaissance einerseits und durch das kurzsichtige Festhalten an der alten autoritären Gesellschaftsform andererseits immer mehr in ein feindliches verwandelt hatte, entlud sich auch hier die Spannung im Bauernkrieg. Das damals bestehende Schloss wurde 1525, wie viele andere Adelssitze ausgeplündert und niedergebrannt.


Ein Blick auf das spätbarocke Schloss Heilgersdorf
 2012 © Ulrich Göpfert

Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde der neue Schlossbau "größer und schöner als je zuvor" errichtet. Aber auch in der Zwischenzeit von mehr als 150 Jahren muß eine Burg- oder Schlossanlage bestanden haben. Denn wie wir heute aus der Chronik wissen, fand am 30. September 1609 ein Ritterduell statt. Wie daraus zu entnehmen ist, befanden sich Johann Vitus von Brandenstein und Kaspar von Thüngen am genannten Tage auf Schloss Heilgersdorf als Gäste des Valentin von Lichtenstein.

Wegen eines Pferdehandels gerieten sie in scharfen Wortwechsel. Sie gingen miteinander an einen abgelegenen Ort, wo sie mit ihren gezückten Schwertern mehrmals aufeinander losgingen. Der von Brandenstein durchbohrte den von Thüngen, dem sofort Hilfe geleistet wurde, während von Brandenstein floh. Nach eingehenden gerichtlichen Untersuchungen wurde dem Sieger durch päpstliche Bulle vom 28. September 1610 - also fast genau ein Jahr nach dem Duell - Absolution erteilt.

Im 30jährigen Krieg brachen neue Schrecken über das Dorf Heilgersdorf herein, das von den Landsknechtshorden "mitsamt der Kirche dem Erdboden gleichgemacht wurde, kein Stein blieb auf dem anderen". Wenn man diese Schilderung in den alten Papieren, die man nach dem zweiten Weltkrieg bei einer Reparatur im Kirchturmknopf fand, auch nicht wörtlich zu nehmen braucht, so machten es die Tatsachen immerhin nötig, Kirche und Schloss von Grund auf neu zu bauen.

So ließen die Lichtensteiner Freiherren 1687 diese Arbeiten durch Joseph Greising beginnen, dem gleichen Architekten, der im etwa fünf Kilometer entfernten Gereuth wenig später (1706 bis 1714) ein weit aufwendigeres Schloss für den Würzburger Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau wie auch die Kirche schuf. Der ehemalige Wassergraben, der sich um das ganze Gebäude zog, ist heute nur noch an dem Niveauunterschied erkennbar. Seine Fläche ist mit Rasen und Gartenanlagen bedeckt.


Gleich in der Nähe des Schlosses befindet
sich dieses schöne bäuerliche Anwesen
2012 © Ulrich Göpfert

Was wäre ein Schloss ohne eine Spukgeschichte. Nur die ältesten Heilgersdorfer wissen noch von der "weißen Frau" zu erzählen, die früher - bis über die Nase ganz in weiße Tücher gehüllt - durch Sääle und Kammern spukte. Die ehemalige Schlossherrin, die in Glück und Zufriedenheit in dem stolzen Landsitz gelebt hatte, lag eines Morgens ermordet in ihrem Zimmer. Kein Mensch erfuhr jemals, wer die schreckliche Tat vollbracht hatte, die somit ungesühnt blieb. In stürmischen Nächten erschien die weiße Frau auf den dunklen Gängen oder stand plötzlich regungslos in den Schlafgemächern oder am Fenster. Sie tat keinem etwas zuleide, und nur ihr abgründiger Blick ließ die, die ihr begegneten, mit unheimlichen Gruseln durchbeben.


Der schöne Dorfbrunnen von Heilgersdorf
mit herbstlichem Blumenschmuck
2012 © Ulrich Göpfert

Die Einquartierung der "50 Franzosen in kaiserlicher Gefangenschaft", die wahrscheinlich in der Schlacht bei Würzburg (am 3. September 1796), in der Erzherzog Karl dem französischen General Jourdan eine schwere Niederlage beibrachte, in deutsch-österreichische Hände gefallen waren, hatte der Einrichtung des Adelssitzes sicher schon erheblichen Schaden zugefügt, denn von da ab wurde das Schloss nicht mehr von den Lichtensteinern bewohnt.

1797 richteten sie ein Forstamt darin ein, um Anfang des 19. Jahrhunderts das stolze Anwesen, das seit etwa 550 Jahren in Familienbesitz war, zu verkaufen. Es wechselte nun häufig die Eigentümer. Um die letzte Jahrhundertwende bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte es dem Gutsbesitzer Werner aus Untermerzbach. 1936 schaltete sich die Landessiedlung ein, die die Liegenschaften erwarb und sie mit den Wirtschaftsgebäuden, die dem Schloss gegenüberliegen, unter fünf Neusiedler aufteilte.

Der Barockbau kam in den Besitz der Gemeinde Heilgersdorf, die darin Amtsräume, die Schule, Lehrer- und nach dem Krieg auch Flüchtlingswohnungen einrichtete. Im Jahre 1978 wurde die Gemeinde Heilgersdorf im Zuge der Gebietsreform in die Stadt Seßlach eingegliedert, so dass das Schloss heute im Besitz der Großgemeinde Seßlach ist. Das Heilgersdorfer Schloss ist eine der reizvollsten Schöpfungen des Spätbarocks in der hiesigen Gegend.

Quellenhinweis: Dr. Mahnke

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